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Wasser ist ein besonderer Saft

Von Klaus Faißner

Wissen

Immer mehr Studien weisen darauf hin, dass Trinkwasser einen hohen Wert für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden hat. Nun wollen einige Initiativen - darunter auch eine der Wiener Krankenhäuser - die Aufmerksamkeit vermehrt auf jenes kostbare Nass lenken, das bisher kaum beachtet wurde.


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"Ein Flüssigkeitsverlust in Form von nur zwei Prozent des Körpergewichtes führt bereits nachweislich zu Einschränkungen der geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit", schreiben der Ernährungswissenschaftler Helmut Heseker und der Sportmediziner Michael Weiß von der Universität Paderborn. Sie erstellten im Auftrag des in Deutschland aktiven "Forum Trinkwasser" bereits mehrere wissenschaftliche Studien und analysierten zusätzlich andere Studien zu diesem Themenkomplex.

Negative Auswirkungen mangelnder Flüssigkeitszufuhr sind nachlassendes Konzentrations- und Reaktionsvermögen beispielsweise bei längeren Autofahrten und verminderte Leistungsfähigkeit - zum Beispiel im Büro oder in der Schule. Einige Studien zeigten außerdem, dass eine chronisch unzureichende Wasserzufuhr zu Dehydration führt, die langfristig das Risiko zur Bildung von Harnsteinen erhöht und das Entstehen mancher Krebserkrankungen (Dickdarm, Harnwege) fördert.

Am sinnvollsten ist eine über den Tag verteilte, kontinuierliche Flüssigkeitszufuhr. Sie sollte am besten mit "echten Durstlöschern" erfolgen, wobei neben Trinkwasser auch Mineralwasser, gespritzte Obstsäfte sowie Früchte- oder Kräutertees genannt werden. "Genussmittel wie Kaffee, schwarzer Tee oder alkoholische Getränke sowie Milch sind als Durstlöscher eher ungeeignet", heißt es weiter. So führe eine Tasse Kaffee dem Körper kein Wasser zu, sondern entziehe ihm mehr als 0,1 Liter.

Wassermangel hemmt Konzentration

Eine unter knapp 1.000 Schülern aller Altersstufen durchgeführte Befragung zeigte, dass "besonders Kinder und Jugendliche ihren Wasserbedarf bei weitem nicht ausreichend decken". Gründe seien zum einen ein oft schwach ausgeprägtes Durstempfinden und zum anderen "längst wiederlegte Vorstellungen", dass zu viel Trinken ungesund sei und dass zum Essen nicht getrunken werden sollte. Negative Auswirkungen auf die Aufmerksamkeit im Schulunterricht seien die Folge. Laut Umfrage trinken knapp ein Viertel aller Schüler während des Schulbesuchs selten oder gar nicht. Auch würden oft Getränke bevorzugt, die als Durstlöscher eher ungeeignet seien.

Besonders beim Sport sei darauf zu achten, dem Körper die Flüssigkeitsmenge möglichst schnell zurückzugeben, empfiehlt das Forum Trinkwasser im Namen der beiden Wissenschafter weiter. "Da sich das Durstgefühl erst meldet, wenn bereits ein Defizit vorliegt, soll schon vor dem Sport begonnen werden, zu trinken." Durch Schwitzen bei Anstrengung und höheren Temperaturen verdopple und verdreifache sich der Flüssigkeitsbedarf. Zusätzlich könne noch die entwässernde Wirkung von Kaffee, Tee und Alkohol hinzukommen.

"Trinkwasser verbessert die Vitalität, das Wohlbefinden und die Lebensqualität", hält Claus Holler, stellvertretender Leiter der Umweltschutzabteilung im Wiener Krankenanstaltenverbund, dem 20 Häuser (darunter auch das AKH) angehören, ein Plädoyer für dieses (fast) umsonst zur Verfügung stehende Getränk. Holler hat soeben einen Folder über die "gesundheitlichen Wirkungen des Wassers" herausgegeben. Folgende Punkte werden angeführt: Alle Stoffwechselvorgänge funktionieren besser, was zur Optimierung des Verhältnisses zwischen der Flüssigkeit innerhalb und außerhalb der Zellen führt. Weiters werden viele Schadstoffe höher verdünnt über die Niere ausgeschieden und die Verdauung gefördert, da die Ballaststoffe besser quellen können. Die Initialzündung für die Trinkwasser-Initiative gab aber eine kalifornische Studie, die den Zusammenhang zwischen Trinkverhalten und tödlichen Herzinfarkten untersuchte.

Weniger Herzinfarkte

Die Studie, die über sechs Jahre lief und an der über 20.000 gesunde Personen im Alter zwischen 38 und 100 Jahren teilnahmen, wurde im Vorjahr im "American Journal of Epidemiology" veröffentlicht. Das Ergebnis: Jene Gruppe, die mehr als fünf Gläser Wasser (rund eineinviertel Liter) pro Tag trank, erlitt um rund 50 Prozent weniger tödliche Herzinfarkte als die Gruppe, die weniger als einen halben Liter Wasser täglich trank. Bei der Gruppe mit einer hohen Flüssigkeitszufuhr - jedoch ohne Wasser - erhöhte sich das Herzinfarktrisiko aber signifikant: um plus 147 Prozent bei Frauen und um plus 46 Prozent bei Männern. Die Abnahme des tödlichen Herzinfarktrisikos erklärt Holler mit einer Blutverdünnung bei hohem Wasserkonsum.

Die Kampagne für das Leitungswasser in den Wiener Krankenhäusern laufe auf Hochtouren, erzählt Holler. Trinkbrunnen wurden aufgestellt, die Zimmer mit Wasserkrügen und -gläsern bestückt. Dadurch sollen die Patienten vermehrt zum Trinken angeregt werden. Dabei legt Holler ein Bekenntnis ab: "Wir forcieren unser qualitativ-hochwertiges Hochquellwasser gegenüber dem - ebenfalls qualitativ hochwertigen - Mineralwasser oder Tafelwasser." Gründe dafür seien unter anderem niedrige Kosten und eine geringe ökologische Belastung (beispielsweise gegenüber Mineralwasser-Plastikflaschen). "Trinkwasser kann vom Körper am besten aufgenommen und verwertet werden", fasst Holler zusammen.

Noch weiter in der Beschreibung der Wichtigkeit des Wassers geht der aus dem Iran stammende Arzt Fereydoon Batmanghelidj und nennt dieses Getränk nach mehr als 20 Jahren Forschungsarbeit gar ein "universelles Heilmittel". Sein in diesem Jahr erschienenes Buch titelte er dementsprechend mit "Sie sind nicht krank, sie sind durstig!"

Darin beschreibt er pures, natürliches Wasser folgendermaßen: "Es steigert das Wohlbefinden, verbessert die Gesundheit, beugt Krankheiten vor, macht degenerative Prozesse rückgängig und kann Schmerzen wirkungsvoller bekämpfen als alle Schmerzmittel der Welt." Welche Möglichkeiten sich mit dem Wasser trinken auftun, entdeckte Batmanghelidj 1979, als er als politischer Gefangener der islamischen Revolutionäre im Gefängnis saß. Da ihm keine Medikamente zur Verfügung standen, empfahl er Mitgefangenen, die unter Schmerzen aufgrund von Magengeschwüren litten, Wasser zu trinken. Nach eigenen Angaben behandelte er während seiner zweieinhalbjährigen Gefangenschaft auf diese Weise 3.000 derartige Fälle erfolgreich.

Der heute in den USA lebende und praktizierende Arzt macht Dehydration für eine Vielzahl von Krankheiten verantwortlich. "Um die normalen Verluste durch Urin, Schweiß und Hautatmung ausgleichen zu können, benötigt der menschliche Körper mindestens zwei Liter Wasser und einen halben Teelöffel Salz täglich", macht er auch auf die Wichtigkeit einer ausreichenden Salzaufnahme aufmerksam.