Gegen EU-Liberalisierungsbestrebungen beim Wasser melden sich nun auch die Arbeiterkammer und der Städtebund zu Wort. Sie werfen der Bundesregierung vor, zu wenig energisch gegen die Privatisierungspläne in Brüssel aufzutreten. Dass die Realisierung des Binnemarktes und damit des freien Wettbewerbes auch von Österreich als Mitgliedstaat mitgetragen werden muss, ist den Interessenvertretern freilich bewusst.
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"Das Wasser soll öffentlich bleiben", bringt Heinz Schaden, Vizepräsident des Österreichischen Städtebundes und Bürgermeister der Stadt Salzburg, die Forderung auf den Punkt. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" weiß Schaden natürlich um die Schwierigkeit des Vorstoßes im Kontext des EU-Binnemarktes Bescheid. Zudem ortet er in den Reformstaaten und künftigen Mitgliedstaaten der Union, die sich gerade erst auf die freie Marktwirtschaft umstellen, eifrige Anhänger der Liberalisierungspolitik. "Diese Länder sind hier schon sehr leichtgläubig." Verbündete im Kampf gegen die EU-Pläne beim Wasser sieht Schaden lediglich in "einigen deutschen Städten". Ansonsten würde die Liberalisierung in Italien ebenso wie in Frankreich, vor allem aber in Großbritannien mitgetragen.
Durch die EU-weite Liberalisierung der Wasserver- und -entsorgung würde "ein öffentliches Monopol durch ein privates Monopol ersetzt", warnt der Präsident der Arbeiterkammer (AK), Herbert Tumpel. Mögliche Konsequenzen seien sinkende Investitionen und steigende Preise. Außerdem könnten die Städte und Gemeinden dann nicht mehr selbst entscheiden, von wem und zu welchem Preis die Wasserversorgung durchgeführt werde.
Marktwirtschaft versus öffentlicher Auftrag
Ihre Befürchtungen untermauern AK und Städtebund mittels eigens in Auftrag gegebener Studie der Technischen Universität Wien und des deutschen Instituts Ecologic. Demnach seien Private weder effiztienter oder besser, noch billiger; etwa die Pro-Kopf-Kosten für die Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung liegen in Österreich im Schnitt bei 145 Euro pro Jahr, in England und Frankreich - wo die Dienste völlig bzw. mehrheitlich privatisiert sind - bei umgerechnet 150 bzw. 132 Euro.
In Österreich würde heftiger über die künftige Anzahl der Kommissare als über die Grundversorgung der Bevölkerung diskutiert, so die Kritik von Tumpel und Schaden. Der Österreich-Konvent solle die Daseinsvorsorge in der überarbeiteten Bundesverfassung "entsprechend würdigen" und als Aufgabe der öffentlichen Hand im Grundkatalog als "unumstrittenes Ziel" festschreiben. Städtebund-Vize Schaden würde das Wasser am liebsten aus dem EU-Binnenmarktpinzip ausgenommen sehen.
Nach dem EU-Vertrag von Nizza, der erst im Februar dieses Jahres in Kraft getreten ist, unterliegen Maßnahmen zur "Bewirtschaftung der Wasserressourcen" bei Beschlüssen dem Einstimmigkeitsprinizp. Im Entwurf zur neuen EU-Verfassung ist ein allgemeiner Schutz der Daseinsvorsorge vorgesehen.