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Wasserfrage entscheidend bei Nahost-Gesprächen

Von Ulf Laessing

Politik

Bei den Friedensverhandlungen Israels mit Syrien und den Palästinensern wird es nach Einschätzung von Experten keine Einigung ohne eine grundlegende Klärung der Wasserrechte in der Region geben, | sagt der Leiter des Deutschen Orient-Instituts in Hamburg, Udo Steinbach.


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Israel werde Syrien nicht die 1967 besetzten Golan-Höhen zurückgeben, ohne Zugriff auf die dortigen Wasserreservoirs zu erhalten, ergänzt Volker Perthes, Nahost-Experte bei der Stiftung für

Wissenschaft und Politik. Israel kontrolliere mit den strategisch wichtigen Höhen Zuflüsse zum See Genezareth und auch die für die ganze Region lebenswichtigen Jordanquellen. Fast alle Staaten des

Nahen Ostens umfassen große Wüstenstrecken und verfügen damit nach Einschätzung von Experten über stetig schrumpfende Wasserquellen. Perthes verweist darauf, dass Israel mehr als 80 Prozent seines

Wasserbedarfs aus dem besetzten Westjordanland decke. Die Palästinenser seien aber zu einem Friedensvertrag nur bereit, wenn auch sie über die dortigen Wasservorkommen verfügen könnten. Auch Syrien

habe keine eigenen nennenswerten Quellen, sagt Steinbach. Die Türkei habe die über die Grenze fließende Wassermenge des Euphrats auf 500 Kubikmeter pro Sekunde verringert, was für Syrien zu wenig

sei.

Noch schwieriger ist die Situation in Israels Nachbarstaat Jordanien, der nach dem Verlust des fruchtbaren Westjordanlands an Israel im Sechstage-Krieg 1967 vollständig in der Wüste liegt. Die

Versorgung der Hauptstadt Amman sei nicht mehr lange sicher gestellt, weil die lokalen Wasserreservoirs zu Ende gingen, sagt Steinbach. Nach einer Studie der Vereinten Nationen kann Jordanien bereits

ab diesem Jahr nur noch zwei Drittel des eigenen Bedarfs decken. Zusätzlichen Zündstoff liefert die Entscheidung Israels, die Wasserzufuhr aus dem Jordan entgegen dem Friedensvertrag mit dem Nachbarn

zu verringern. In Israel werde nach zwei Dürren selbst das Wasser knapp, sagt Steinbach. Es gebe zwar schon Pläne für Entsalzungsanlagen am Mittelmeer, diese seien aber sehr teuer. Immerhin wäre es

denkbar, dass Israel dieses so gewonnene Wasser exportiere. Bei den Verhandlungen zwischen Israel und Syrien um eine Rückgabe der Golan-Höhen kommt erschwerend hinzu, dass es keine völkerrechtlich

verbindliche Grenze zwischen beiden Staaten gibt, die seit 1948 formell im Kriegszustand sind. Der Syrien-Kenner Perthes verweist darauf, dass die syrische Regierung schon aus eigenem Interesse bei

einer Rückgabe der Golan-Höhen die Wasserzufuhr nach Israel kaum blockieren werde.