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Weckruf vor dem Gipfeltreffen

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Schwerpunkt Forschungsförderung. | Notfallfonds für Globalisierungsopfer. | Brüssel. "Jahrelang haben wir den USA und Japan nachgeschaut", sagte Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso gestern, Donnerstag. "Wenn wir jetzt über die Schulter schauen werden China und Indien immer größer". Deshalb sei es höchste Zeit für einen "Weckruf". Die Wettbewerbsfähigkeit der EU müsse erhöht werden, aber gleichzeitig dürfe die soziale Sicherheit keinesfalls leiden.


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Für diesen Spagat will die Kommission die Strukturförderungen auf Zukunftssektoren wie Forschung und Infrastruktur ausrichten, einen Notfallfonds für Globalisierungsverlierer einrichten und mehr Geld in die ländliche Entwicklung pumpen. Mit diesen Kernforderungen fährt Barroso zum Europäischen Wirtschafts- und Sozialgipfel in Hampton Court am kommenden Donnerstag. "Wir müssen unsere Politik modernisieren um unsere Werte zu bewahren. Die bisherigen wirtschaftlichen und sozialen Programme haben sich als nicht ausreichend erwiesen", gab Barroso zu.

Geld für Umschulungen

Mit der stärkeren Verknüpfung der Fördergelder für ärmere Regionen an wettbewerbsorientierte Projekte dürfte Barroso auf keine allzu großen Widerstände stoßen. Mindestens 60 statt bisher etwa 50 Prozent sollen dermaßen zweckgebunden werden. Sprengstoff birgt jedoch sein beharren auf Notfallfonds für Globalisierungsopfer. Der soll nach dem Vorbild der Katastrophenfonds außerhalb des regulären Budgets abgerechnet werden und ab 2007 mit etwa 500 Millionen Euro pro Jahr gefüllt werden. Damit sollen etwa Umschulungen und Umsiedlungen von Arbeitnehmern nach Massenentlassungen bezahlt werden. Frankreich hat zwar bereits seine Zustimmung signalisiert - noch ganz frisch sind die Erinnerungen an die gut 1.200 Kündigungen im französischen Hewlett-Packard-Werk. Schon letzten Juni scheiterte Barrosos Forderung aber am Widerstand der skandinavischen Staaten und Großbritanniens. Vor allem für Österreich erfreulich ist dagegen der Vorschlag der Umschichtung von einem Prozent der direkten Agrarförderungen in die Ländliche Entwicklung. Von diesem Posten profitiert das Land überdurchschnittlich.

Barrosos Plan ist auch als Signal für die Wiederaufnahme der Debatte über den Finanzrahmen der EU für 2007 bis 2013 zu sehen, den die britische Ratspräsidentschaft am 27. Oktober nur streifen will. Barroso bekräftigte als Anreiz für die Briten auch die Absicht, einen Plan für eine Totalreform der Agrarförderungen im Jahr 2009 auszuarbeiten. Unter Verweis auf diese hatten die Briten den Budgetkompromiss im Juni blockiert.