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Ziel- und Aktionsprogramme, Gemeinschaftsinitiativen und Projekte - für Frauenförderung hält die Europäische Union einige Instrumente parat. Über all dem schwebt der Gedanke des Gender Mainstreaming. Und so umfassend dieser Begriff ist, so gewunden sind oft die Wege seiner Umsetzung.
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Eines steht fest: Gender Mainstreaming ist Pflicht. Seit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam im Mai 1999 gehört es zu den deklarierten Zielen und Aufgaben der Europäischen Union, "Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern". So weit die Theorie. In der Praxis bleibt "Querschnittpolitik" oft nur ein verschwommener Begriff - auf den ersten Blick.
Bei punktuellen Maßnahmen, wie speziell an Frauen gerichteten EDV-Kursen, lässt sich Frauenförderung leichter festmachen. Doch diese dient oft Reparaturzwecken. So notwendig dies auch sei, so dürfte dabei das "eigentliche Ziel, nämlich die Realisierung der strategischen geschlechtsspezifischen Bedürfnisse" nicht aus den Augen verloren werden, erklärt Ursula Bauer, stellvertretende Leiterin des Wiener Frauenbüros. "Sonst kommt es lediglich zu kleinen Erleichterungen des Alltags, aber nicht zu einer Verbesserung der Position von Frauen in der Gesellschaft im allgemeinen."
Ein Beispiel für eine umfassende Anwendung des Gender Mainstreaming-Ansatzes ist die Beschäftigungspolitik. Die Chancengleichheit bildet darin eine der vier Säulen der Leitlinien. Die Leitlinien ihrerseits sind die Grundlage für die Nationalen Aktionspläne und die Zielprogramme der EU.
Wie sich das Konzept in größerem Umfang umsetzen lässt, erklärt Hilde Stockhammer, Leiterin der Frauenabteilung des Arbeitsmarktservice (AMS). "Im AMS hat sich in den letzten Jahren einiges getan", berichtet Stockhammer. "Gender Mainstreaming ist in allen wesentlichen Leitdokumenten verankert, Förderrichtlinien werden danach ausgerichtet, und auch in der Umsetzung der arbeitsmarktpolitischen Jahresziele muss der Aspekt berücksichtigt werden." Auch halte sich das AMS an die Vorgaben der EU, 50 Prozent des Förderbudgets für Frauen auszugeben.
Doch nicht nur Geld trägt zur Erhöhung der Chancengleichheit bei. "Entsprechende Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden", betont Stockhammer. Dazu gehört, dass Kurse beispielsweise an Orten stattfinden, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen sind oder zu Zeiten, die sich mit Kinderbetreuung vereinbaren lassen.
Finanzielle Unterstützung ist dennoch nötig. Und die Union lässt sich die Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern auch etwas kosten. So stehen in den Jahren 2000 bis 2006 für Österreich aus nur einem Fördertopf über 140,8 Millionen Euro zur Verfügung. Mehr als 64,7 Millionen kommen aus dem Europäischen Sozialfonds. Den Großteil der nationalen Mittel steuert das AMS bei. Gefördert werden Vereine, Beschäftigungsmaßnahmen oder Bildungsprojekte.
So beginne sich der Begriff Gender Mainstreaming langsam mit Leben zu füllen, zeigt sich Nadja Bergmann von der Koordinationsstelle für Gender Mainstreaming optimistisch. Zunächst als "bürokratische Worthülse aus Brüssel" oft widerwillig übernommen, versuchen immer mehr Projektträger aber auch Institutionen das Konzept nicht zu umgehen. Der gesellschaftspolitische Durchbruch, die völlige Gleichstellung, sei zwar noch nicht gelungen, meint Bergmann. Doch mittlerweile könne Chancengleichheit nicht mehr wegdiskutiert werden.
Von der Idee zur Begriffserklärung
Eine im Auftrag des Europarates eingesetzte ExpertInnenkommission erarbeitete 1998 eine Definition des Begriffs. Demnach ist Gender Mainstreaming "die (Re-)Organisation, Verbesserung, Entwicklung und Evaluierung grundsatzpolitischer Prozesse, mit dem Ziel, eine geschlechterbezogene Sichtweise in alle politischen Konzepte auf allen Ebenen und Phasen durch alle an politischen Entscheidungsprozessen Beteiligten einzubringen". Für die Europäische Kommission ist dies bereits seit 1996 verbindlich.