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Wege gegen die Einsamkeit in den Führungsetagen

Von Erika Bettstein

Wirtschaft

Das Erreichen einer beruflichen Spitzenposition hat viele positive Seiten. Doch: Wo viel Licht, da auch viel Schatten. Dass Top-ManagerInnen auch mit persönlichen Problemen wie der Einsamkeit an der Spitze, Selbstzweifel oder Versagerangst zu kämpfen haben, weiß Brigitte Schweifer-Winkler, die sich als Führungskräfte-Coach zunehmend mit der Lösung emotionaler und psychischer Probleme ihrer KlientInnen auseinander setzt.


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Top-ManagerInnen stünden "oft einsam an vorderster Front: Je höher die Position ist, desto isolierter müssen sie agieren", sagt Schweifer-Winkler. Die Einsamkeit auf der Top-Managementebene habe viele Gründe: MitarbeiterInnen getrauen sich nicht, ihre Meinung zu sagen, schon gar nicht, offen Kritik zu üben. "Das fehlende ehrliche Feed-back löst zunehmend die Verbindungen zur sozialen Gruppe", erklärt Schweifer-Winkler.

Missverstandene Rollenbilder machen krank

Das "Abgehoben-sein" von den MitarbeiterInnen bedinge aber auch die Ungewissheit über die eigenen Führungsqualitäten - und diese wiederum bedinge Selbstzweifel und Versagerangst: Probleme, deren Bewältigung durch gesellschaftlich geprägte Wertvorstellungen behindert werde: "Führungskräften fällt es besonders schwer, Schwächen einzugestehen oder es zuzulassen, über negative Befindlichkeiten offen zu sprechen."

Es fehle einfach "der Sparringpartner - also jemand, der es wagt, sich in eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Vorgesetzten einzulassen", macht Schweifer-Winkler, die als ehemalige Führungskraft den Sprung in eine erfolgreiche zweite Karriere gewagt hat, deutlich.

Die Einsamkeit an der Spitze führe nicht selten zu einer missverstandenen Rollenauffassung: "ManagerInnen tragen wichtige Entscheidungen, aber auch persönliche Probleme nicht an ihre KollegInnen oder an ihre Chefs heran, denn das könnte als Schwäche gedeutet werden. Im Gegenteil, sie versuchen, unter allen Umständen ,gut drauf' zu sein, um keine Angriffsflächen zu bieten", sagt Schweifer-Winkler. Und der psychische Druck führe langfristig zu physischen Reaktionen: "Falsche Rollenbilder machen à la longue krank."

Nicht zuletzt sei dies der Grund, warum auch in Österreich immer mehr Top-ManagerInnen, aber auch PolitikerInnen, auf die Unterstützung eines Coaches vertrauen: "Der Dialog mit einem Coach ist auch unter dem Gesichtspunkt der Psychohygiene zu sehen. Professionelles Coaching führt zu mehr Energie, Ausgeglichenheit und Wohlbefinden", zeigt sie Lösungswege auf.

"Endlich einmal zugeben können . . ."

Nur in der vertraulichen Gesprächssituation von Einzel-Coachings würden ManagerInnen "das tun, was ,öffentlich' nicht geht: endlich einmal zugeben können, ,Ich fühle mich schlecht'", berichtet die Profi-Trainerin. Das aber wäre ein erster Schritt, um aus der Isolation herauszufinden und sich konstruktiv "der Verbesserung der beruflichen - und damit auch der privaten - Lebensqualität" zuwenden zu können.

"Es geht immer um die Persönlichkeit", betont Schweifer-Winkler, "um eine ehrliche persönliche Standort- wie auch Zielbestimmung, um in der Folge den optimalen Weg zur bestmöglichen Nutzung individuelle Potenziale finden zu können".

Denn am Anfang eines Coachings stünde oft die Frage, "Ich bin oben angekommen - und was jetzt, wie geht es weiter?" - eine Frage, die "überhaupt nichts mit dem Alter zu tun hat", berichtet sie aus ihrer langjährigen Praxis: "Gerade ältere Führungskräfte haben oft einen tollen Willen zur Weiterentwicklung und Veränderung."

Um aus dem Teufelskreis der beruflichen Einsamkeit auszubrechen und "über die Frage, wie kann ich meinem Leben eine neue Richtung geben," zur positiven Zukunftsgestaltung zu kommen, empfiehlt Schweifer-Winkler "fünf kleine Anfangsschritte":

Fünf Schritte aus der beruflichen Einsamkeit

1. Machen Sie sich ehrlich Ihre Situation bewusst: Welche Gesprächspartner haben Sie für welche Themen? Gibt es jemanden, der im Unternehmen für Sie so etwas wie ein Vertrauter ist, mit dem Sie auch einmal persönliche wie berufliche Probleme besprechen können?

2. Haben Sie den Mut, sich einzugestehen, dass Sie sich (zumindest manchmal) einen solchen Vertrauten wünschen.

3. Machen Sie sich bewusst, welche Konsequenzen Ihr bisheriges Verhalten - etwa das nach außen hin "Immer nur gut drauf sein" hat. Dieser Druck wirkt negativ auf Gesundheit und Wohlbefinden: Denn was kränkt, macht krank, vor allem wenn verdrängt wird, was nach irgend welchen Wertsystemen vermeintlich nicht sein darf.

4. Wenn Sie zu dem Schluss kommen, sich einen vertrauten Gesprächspartner zu wünschen, mit dem Gedanken vielleicht auch schon öfter gespielt haben, sollten Sie dieses Bedürfnis ernst nehmen.

5. Schauen Sie sich nach einem kompetenten Gesprächspartner um. Dies kann jemand aus Ihrem Unternehmen sein. Schließen Sie diese Möglichkeit aus, dann suchen Sie sich einen externen Gesprächspartner wie zum Beispiel einen professionellen Coach. Dort können Sie ohne Angst vor negativen Konsequenzen "abladen", dort wird Ihnen zugehört, Sie werden ernst genommen.

Informationen: Schweifer & Partner OEG, Coaching - Training - Consulting, Mitteräckerstraße 10, 2344 Ma. Enzersdorf, Tel.: 0 22 36/86 99 88, Fax: 0 22 36/86 99 88 11, E-Mail: b.schweifer@schweifer-partner.at