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Wegen NoVA droht eine Klagswelle

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Kfz-Besitzerin klagt die Republik auf Amtshaftung. | Finanzprokuratur hält nur Autohändler für unmittelbar geschädigt. | Wien. Österreichs Autofahrer haben bei Fahrzeugkäufen in den vergangenen Jahren zu viel Umsatzsteuer bezahlt, weil die sogenannte Normverbrauchsabgabe (NoVA) EU-rechtswidrig in die Bemessung der Umsatzsteuer beim Autokauf einbezogen wurde.


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Die Wienerin Brigitte S., die vor vier Jahren um 25.900 Euro einen BMW 318i bei der Wolfgang Denzel AG kaufte, will nun das Finanzministerium bzw. die Republik Österreich in die Pflicht nehmen. Sie will die zu viel bezahlte Umsatzsteuer zurück und klagt den Bund auf Amtshaftung. Nächsten Montag hat Richter Karl Lughofer im 13. Stockwerk des Wiener Landesgerichts für Zivilrechtssachen den Prozessauftakt (Verfahren 30 Cg 8/11h-2) anberaumt. Diese brisante Musterklage könnte eine regelrechte Klagswelle auslösen, denn es sind tausende Autokäufer übervorteilt worden.

Ulrich Salburg, Rechtsanwalt von Brigitte S. kann in seiner Klagsschrift auch mit etlicher rechtlicher Munition aufwarten. Denn: Ende vergangenen Jahres hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) das österreichische Berechnungsmodell mit dem Urteil C-433/09 als rechtswidrig erklärt. Die österreichische USt-Bemessungsvariante verstoße gegen Artikel 78 der EU-Richtlinie 2006/112/EG. Begründung des EuGH: Die NoVA stehe nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Lieferung, sondern mit der Zulassung des Fahrzeuges.

Verschulden oderFahrlässigkeit?

Anwalt Salburg wirft den "Organen des Bundes" nun ein Verschulden beziehungsweise Fahrlässigkeit bei der NoVA-USt-Berechnung vor. So habe der EuGH bereits im Juni 2006 eine ähnlich bemessene Zulassungsabgabe in Dänemark aufgehoben, auf die sich die Luxemburger Richter jetzt auch in dem gegen Österreich ergangenen Urteil beziehen.

Laut Salburg hätten die Organe der Republik insofern auch fahrlässig gehandelt, "da man von einem Mitgliedsstaat der EU erwarten kann, dass er sich mit der Rechtsprechung des EuGH auseinandersetzt". Der Bund hätte schon damals auf die Dänemark-Entscheidung (Aktenzahl C-98/05) reagieren müssen. Detail am Rande: In den vergangenen fünf Jahren wurden laut Statistik Austria rund 1,528 Millionen Personenkraftwagen in Österreich neu zum Verkehr zugelassen.

Die Finanzprokuratur, die Anwaltskanzlei der Republik, bestreitet die Vorwürfe vehement. "Es fehlt die Rechtswidrigkeit und das Verschulden", kontern die Bundes-Advokaten. "Die Rechtsansicht, die NoVA in die Bemessungsgrundlage für die USt einzubeziehen, war bis zur Entscheidung des EuGH vertretbar und begründet daher keine Amtshaftung."

Für Anwalt Salburg ist diese Rechtsansicht keineswegs "vertretbar". "Vertretbar bedeutet nur, dass diese Rechtsmeinung nicht völlig abstrus und nicht objektiv eindeutig unrichtig war", kontert er. "Zugleich heißt das, dass die Organe des Bundes sich nicht absolut sicher waren, dass ihre Bemessung zulässig beziehungsweise rechtskonform ist, sie nahmen es aber in Kauf, dass zu viel Umsatzsteuer eingehoben wird." Auch sei eine "irrige Gesetzesauslegung laut Verwaltungsgerichtshof kein Entschuldigungsgrund".

Zugleich behauptet die Finanzprokuratur, der Fahrzeughändler sei "der Steuerschuldner der NoVA und der Umsatzsteuer, auch wenn er diese auf Rechnung des Käufers abzuführen hat." Zitat aus dem Einspruch gegen die Klage: "Unmittelbar geschädigt ist sohin der Händler, und nicht die Käuferin."

EU-Rechtswidrigkeit mittels Erlass "geflickt"

Dem widerspricht der Anwalt der Klägerin: Die Autokäuferin ist wirtschaftlich geschädigt und nicht der Kfz-Händler, weil die Abgaben von der Pkw-Käuferin bezahlt und vom Händler nur an die Finanz weitergeleitet worden sind.

Indes hat das Finanzministerium die EU-Rechtswidrigkeit mit einer Übergangsfrist mittels Erlass "geflickt" und die beanstandete Berechnung der Umsatzsteuerbemessung bis 30. Juni 2011 prolongiert. Da die NoVA - entgegen den Angaben auf der Internet-Homepage des Finanzministeriums - danach nicht mehr in die USt-Bemessung eingerechnet wird, erhöht sich die NoVA künftig um 20 Prozent.

Wissen

Die NoVA wurden 1991 in Österreich eingeführt und ist die Besteuerung von Fahrzeugen nach dem Kraftstoffverbrauch bzw. bei Motorrädern nach dem Hubraum. Für Fahrzeuge mit einem hohen CO2-Ausstoß (mehr als 160 g/km) gibt es seit März 2011 einen Malus, sprich eine höhere NoVA-Vorschreibung, für Fahrzeuge mit schadstoffarmen Motoren eine Verminderung.

Info: www.bmf.gv.at