Fünf Professoren müssen fast 1700 Studenten betreuen. | Senatsvorsitzender Vitouch: "Hilferuf an die Bildungspolitik." | Wien. "Bitte draußen bleiben" heißt es ab Oktober für Erstsemestrige, die sich an der Universität Klagenfurt für ein Psychologiestudium einschreiben wollen. Das Rektorat hat nämlich am Mittwoch angekündigt, dass die Aufnahme von Studienanfängern für den Psychologie-Bachelor für zwei Jahre sistiert wird. Der Grund: Überfüllung. | Freier Hochschulzugang bei gleicher Finanzierung - Unis wehren sich
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In Klagenfurt gelten zwar seit 2006 Zugangsbeschränkungen - allerdings wurde damals auch vereinbart, dass die Psychologie seither jährlich 230 Anfänger aufnehmen muss. "Das haben wir damals schon nicht geschafft, und jetzt schaffen wir es auch nicht", sagt Senatsvorsitzender und Psychologie-Professor Oliver Vitouch zur "Wiener Zeitung". Tatsächlich studieren derzeit 1689 Personen in Klagenfurt Psychologie - Lehrstühle gibt es allerdings nur fünf. Mit dem wissenschaftlichen Personal stehen der Klagenfurter Psychologie insgesamt 14,5 Vollzeitäquivalente zur Verfügung. Vitouch spricht von einem "Fließbandstudium": In der Diplomarbeitsphase gebe es Betreuungszahlen, für die der Begriff "Betreuung" fehl am Platz sei.
Das schlechte Betreuungsverhältnis schlägt sich auch in den internationalen Rankings nieder: Beim letzten Hochschulranking CHE lag das Psychologiestudium in der Kärntner Landeshauptstadt auf dem letzten von 61 Plätzen. Im Mai besetzten die Studenten das Rektorat, um auf die schlechten Studienbedingungen hinzuweisen.
Nun will man mithilfe des Zulassungsstopps den Rucksack an Studenten abbauen. Gleichzeitig sollen Informationskampagnen an Schulen und auf Messen ausgeweitet werden, um die Studienanfänger in andere Fachrichtungen umzuleiten. Ein entsprechender Beschluss im Senat soll noch im Juli fallen.
Während die Hochschülerschaft von einem "Kniefall vor dem Ministerium" spricht, gibt es von dort grünes Licht für die Maßnahme. In der Leistungsvereinbarung zwischen Wissenschaftsministerium und Uni Klagenfurt sei das Psychologiestudium nicht enthalten - der Zulassungsstopp falle daher in die Uni-Autonomie, heißt es aus dem Büro von Beatrix Karl.
Vorbild für andereUniversitäten?
Damit könnten auch andere Universitäten auf eine ähnliche Idee kommen. Denn die genauen Studienrichtungen sind eben nicht in allen Leistungsvereinbarungen aufgeführt. Dies sei aber "nicht im Interesse der Unis", warnt man im Ministerium. Auch aus der Universitätenkonferenz heißt es, dass es sich bei dem Zulassungsstopp um "keine abgesprochene Aktion" handle.
Gefragt, ob die Uni Klagenfurt den Stopp nicht auch als Druckmittel auf die Hochschulpolitik einsetze, meint Vitouch: "Ja, schon." Man wolle sich einfach nicht "weiter in stiller Duldung der Verhältnisse üben". Die "Atempause" sei ein "Hilferuf an die Bildungspolitik". Er erhofft sich, dass diese bald eine tragfähige Lösung für die Massenstudien finden wird. Entweder müsse es mehr Budget für die Unis geben oder die Politik müsse "die Karten auf den Tisch legen und auf die völlig freie Fächerwahl verzichten".
So sei die Uni nicht dazu bereit, nach der zweijährigen Sistierung wieder mit 230 Anfängern jährlich dazustehen. Gemessen etwa an der deutschen Kapazitätsverordnung könnten überhaupt nur 35 Studenten jährlich aufgenommen werden - "das Doppelte würden wir uns aber zutrauen", sagt Vitouch. Dadurch könne man auch die Drop-Out-Rate von derzeit 60 Prozent senken.
Uni ab 2012/13 wieder regulär geöffnet
Die Angst der Hochschülerschaft, dass das Institut nach der Pause nie wieder für Anfänger geöffnet werden könnte, teilt er nicht: Das Rektorat habe eine schriftliche Zusicherung in Aussicht gestellt, dass der Bachelor ab dem Studienjahr 2012/13 wieder regulär für Erstsemestrige geöffnet wird.