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Wehe dem, der nicht aufrüstet - Irgendwann wird etwas passieren

Von Walter Hämmerle

Analysen

Die Politik steht wieder einmal wie ein begossener Pudel vor dem p.t. Publikum: Da platziert doch tatsächlich ein - krimineller, harmloser, verrückter? - Täter eine offensichtlich professionelle Rohrbombenattrappe vor dem österreichischen Parlament - und die zur optimalen Sicherung des Hohen Hauses installierte Videokamera filmt die Szene mit - ohne jedoch die Bilder aufzuzeichnen. Dafür hätte es nämlich zusätzlich einer ausdrücklichen Genehmigung der Datenschutzkommission bedurft - und die lag zum Delikt-Zeitpunkt nicht vor.


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Apropos Bombendrohungen: Solche gab es am Montag gleich in vierfacher Ausfertigung in der schönen Steiermark - eine davon richtete sich gegen den Amtssitz der Landesregierung, die Grazer Burg. Man mag diese Häufung nun als Zufall, als Nachahmungstaten, als Folge der Hitze, die auf dem Land gelastet hat, oder aber als warnenden Fingerzeig einer neuen Bedrohungslage werten, die Kernfrage lautet in jedem Fall: Welche Konsequenzen sind zu ziehen - auch wenn in keinem dieser Fälle etwas passiert ist?

Aufrüstung lautet stets der Slogan all jener, die mit mehr Sicherheitsvorkehrungen die Sicherheit erhöhen wollen. Das ist auch das Motto - seit Verteidigungsminister Darabos muss man sagen: fast - jedes Politikers in verantwortlicher Position. Kein Tag vergeht, an dem nicht mehr Personal, Mittel und Instrumente für die Sicherheit gefordert werden. Die Videokameras vor dem Parlament werden künftig nun eben die Szenen, die ihr künstliches Auge wahrnimmt, auch aufzeichnen. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat erst kürzlich die Fenster seiner Büros durch Panzerglas ersetzen lassen.

Tatsächlich gleicht Österreich in vielerlei Hinsicht einem Schlaraffenland für Menschen mit schlechten Absichten.

Es wäre hierzulande ein leichtes, einzelne Minister oder gleich die gesamte Regierung auf einen Schlag per handlichem Bombenpaket auszulöschen. Die Security-Checks bei Ministerrat, Pressekonferenzen, Regierungsklausuren, ganz zu schweigen von lockeren Abend-Events fallen allenfalls unter die Rubrik bemüht - ernst gemeint schaut anders aus. Sicher, diese Zustände sind angenehm für Journalisten und Adabeis; und ja, dieses Gefühl der relativen Sicherheit macht einen Gutteil der hiesigen hohen Lebensqualität aus. Nur zugeben wollen wir das alle nicht.

Und nun muss sich ausgerechnet das Parlament, das seit seinem Umbau 2005 als eine der wenigen öffentlichen Institutionen über ernstzunehmende Sicherheitskontrollen beim Eingang verfügt, Vorhaltungen machen lassen. Traurig, aber wahr: Gegen die Lizitation des Sicherheitsbedürfnisses nach oben ist kein argumentatives Kraut gewachsen. Denn wehe dem, der sich der Aufrüstung verweigerte. Irgendwann wird ganz zweifellos etwas passieren.