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"Wehe, es fehlt irgendwo ein Stempel"

Von Maria Vassilakou

Wissen

Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Von den etwa 230.000 Studierenden, die Österreichs Universitäten besuchen, stammen ungefähr 29.000 aus dem Ausland. Fast die Hälfte aller ausländischer Studierenden lebt und lernt in Wien, manchmal problemlos, manchmal aber auch unter größten Schwierigkeiten. Es kommt darauf an, woher man kommt...

Die erste und größte Hürde, die ausländische Studierende zu überwinden haben, ist die Aufnahme an einer heimischen Universität. Der Antrag muss grundsätzlich vor dem 1. September für das kommende Wintersemester bzw. vor dem 1. Februar für das kommende Sommersemester gestellt werden. Ausgenommen von dieser Fristenregelung sind EWR-Bürger und anerkannte Flüchtlinge. Allgemeine Bedingung für die Aufnahme an einer Universität ist der Nachweis eines entsprechenden Studienplatzes (bzw. der Berechtigung zum entsprechenden Studium) im Herkunftsland. Hinter einer Bestimmung, die auf den ersten Blick unsinnig erscheint - "wieso soll ich mich um einen Studienplatz zu Hause bemühen, wenn ich im Ausland studieren will", fragt sich so mancher Studienwerber etwas verwundert - steckt der Versuch, die Anzahl der Studierenden aus dem benachbarten Deutschland (im Uni-Jargon auch als "Numerus-Clausus-Flüchtlinge" bekannt) in Grenzen zu halten. Ein Schlupfloch gibt es doch: Sucht man sich eine Studienrichtung aus, die es im eigenen Land nicht gibt, entfällt logischerweise der Studienplatznachweis. Selbstverständlich müssen sämtliche Dokumente ausreichend beglaubigt, mitsamt autorisierten Übersetzungen vorgelegt werden.

Hat man den "Zulassungsmarathon" hinter sich gebracht, so hat man meistens auch ein paar erste sehr wichtige "Details" über Österreich in Erfahrung gebracht: "Wehe, es fehlt irgendwo ein Stempel" aber "Schlupflöcher gibt es allemal doch noch"...

Nun hat man drei Semester Zeit, um ausreichende Deutschkenntnisse zu erwerben. Wird die Sprachprüfung innerhalb dieses Zeitraums nicht bestanden, verliert man den Studienplatz wieder. Deutschkurse werden von der Universität selbst angeboten. Dasselbe gilt übrigens für u.U. vorgeschriebene Ergänzungsprüfungen in diversen Fächern.

Der Uni-Bürokratie folgen die Behördenwege. Ausländische Studierende (außer EWR-Bürger und Schweizer) benötigen eine Aufenthaltserlaubnis. Die erste Erlaubnis muss grundsätzlich vom Ausland aus beantragt werden und wird in der Regel für die Dauer eines Jahres ausgestellt. Neben den "üblichen" Unterlagen (Geburtsurkunde, Kopie des Reisepasses, Fotos) benötigt man dazu den Zulassungsbescheid der Universität, ein polizeiliches Führungszeugnis aus dem Heimatland, den Nachweis über ausreichende finanzielle Mittel zur Sicherung des Lebensunterhalts (derzeit 70.000 Schilling pro Studienjahr) und einen Mietvertrag (bzw. Heimvertrag). Den Erstantrag kann man entweder über die österreichische Botschaft im eigenen Land einreichen oder sogar über die Universität selbst. Die Schwierigkeiten, die diese Anforderungen in sich bergen, sind offensichtlich: Wie soll man sich vom Ausland aus eine Wohnung in einer österreichischen Universitätsstadt "besorgen"? Wieviel Studierende aus dem Osten bzw. aus Dritte-Welt-Ländern können ohne weiteres über 70.000 Schilling verfügen?

Genau diese zwei Fragen werden für die meisten zu den zwei Hauptproblemen, die sie noch jahrelang begleiten werden. Was das Problem "Wohnen" anlangt, so sind Heimplätze sehr gefragt und daher eher Mangelware. Zudem nehmen nicht alle Heime ausländische Studierende auf. Der private Wohnungsmarkt ist nicht gerade günstig - was im Übrigen auch für inländische Studierende gilt. In der Regel finden die meisten ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft bzw. in Untermiete bei einer Familie. Wichtig ist dabei der Abschluss eines Mietvertrags, nicht zuletzt auch wegen der Anforderungen für die Aufenthaltserlaubnis.

Der Nachweis über ausreichende finanzielle Mittel und "Arbeit" stellt aber wohl den größten Stolperstein dar. Ausländische Studierende dürfen grundsätzlich in Österreich nicht arbeiten (EWR-Bürger und Angehörige von österreichischen Staatsbürgern ausgenommen); die Mittel sollten daher entweder zur Gänze aus dem Ausland überwiesen werden oder von einer in Österreich lebenden Person mittels Verpflichtungserklärung zur Verfügung gestellt werden. Hier ist besondere Vorsicht geboten, denn beim Verlängerungsantrag werden Bankkontoauszüge zur Überprüfung von Herkunft und Ausmaß der Mittel verlangt.

Ein Stipendium ist natürlich auch eine "gute Idee", doch muss man sich in der Regel darum bereits im Ausland bemüht haben. Für Studierende aus Dritte-Welt-Ländern gibt es dennoch einige wenige Möglichkeiten nachträglich eines zu erhalten. Ebenso kann die Behörde bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis einen sogenannten Studienerfolgsnachweis verlangen, meistens im Ausmaß von zwei positiv abgelegten Prüfungen pro Jahr. Derzeit gibt es aber unterschiedliche Rechtsauffassungen darüber, ob diese Vorgangsweise rechtlich gedeckt ist. Bei Schwierigkeiten sollte man sich an die Menschenrechtsorganisation "Helping Hands" wenden - die in Sachen "Aufenthalt" für Studierende wohl die unangefochtenen Spezialisten sind. Gesetzlich vorgeschrieben ist auch der Abschluss einer Krankenversicherung bei der jeweiligen Gebietskrankenkassa.

Hat man erst das Notwendigste erledigt, bleibt noch der allgemeine "Kummer" mit den Studienplänen. Dazu müsste man nun wirklich Bände schreiben... Der wichtigste Rat hier lautet: "Nicht verzweifeln!" Auch österreichische Studienkollegen brauchen in der Regel fast ein Jahr, bis sie den Studienplan durchschaut haben und wissen, was sie wann absolvieren müssen, wo man sich für welche Übung anmeldet, etc. Studienberatung bieten am Anfang jedes Semesters die

Studienrichtungsvertretungen - die sollte man auch wirklich aufsuchen!

Ermäßigungen gibt es in den Zeiten des großen Staatssparens kaum noch. Lediglich die Verkehrsmittel können zu einem günstigeren Tarif benutzt werden. Diesbezüglich sollte man sich bei den jeweiligen Verkehrsbetrieben erkundigen, da die Preise von Stadt zu Stadt variieren.

Ausländische Studierende, die Rat suchen, können sich an die Ausländerreferate der ÖH wenden; hier sitzen in der Regel erfahrene ältere ausländische Studierende, die selbst einiges durchgemacht haben und daher meistens "goldene Tipps" geben können. Also im Zweifelsfall unbedingt aufsuchen!

Was kann nun eine ehemalige ausländische Studentin und langjährige Ausländerreferentin, die das Studium und einige Startschwierigkeiten hinter sich gebracht hat, nach all den Jahren den "Neuankömmlingen" zur Begrüßung sagen? Was wohl anderes als "es geht doch" und "es findet

sich immer ein Schlupfloch!" Trotzdem willkommen in Österreich.

Beratung erhalten ausländische Studierende bei der ÖH unter Tel. 01/310 88 80-27 oder -49 Dw., bei den ÖH-Auslandsreferaten in allen Universitätsstädten sowie unter der Internetadresse http://www.oeh.ac.at .

Weitere Auskünfte erteilt der Österreichische Akademische Austauschdienst (ÖAD) - Verbindungsstelle für universitäre Auslandsbeziehungen, Alserstraße 4/1/15/7, 1090 Wien, Tel. 01/4277/28 180, e-mail: vbs@oead.ac.at .

Studierende aus Dritte-Welt-Ländern können sich an das Afro-Asiatische Institut, Türkenstraße 3, 1090 Wien, Tel. 01/310 51 45-0 wenden.

Wer rechtliche Probleme hat, z.B.: mit der Aufenthaltserlaubnis, kann "Helping Hands", Liechtensteinstraße 13, 1090 Wien, Tel. 01/310 88 80-10 Dw. kontaktieren.

Wissenschaftspreis

"Fremdsein in Österreich"

Einen Wissenschaftspreis zum Thema "Fremdsein in Österreich - Probleme von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Österreich und Ansätze zu deren Lösung" hat das ÖH-Referat für Ausländerbetreuung gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium, dem Wiener Integrationsfonds und der Jugend- und StudentInnen-Gruppe der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) ausgeschrieben. Ausgezeichnet werden Diplomarbeiten oder Dissertationen unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen zu dem Thema. Voraussetzung ist ein zehnseitiges Konzept für eine wissenschaftliche Abschlussarbeit. Fünf Prämien werden ausbezahlt, der Hauptpreis ist mit 60.000 Schilling dotiert. Einreichfrist ist der 3. November 1999. Bewerbungen und weitere Infos gibt es unter Tel. 01/310 88 80-27 oder 49 Dw.