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Wehrpflicht gilt derzeit vor allem für ÖVP-Obmann

Von Brigitte Pechar und Walter Hämmerle

Politik

Spindelegger dementiert Pläne für größere Umbildung des ÖVP-Teams.


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Wien. Es ist wieder einmal das ewig alte Spiel, das die ÖVP dieser Tage aufführt: Arbeitnehmer gegen Wirtschaft, Niederösterreich gegen den Rest. Am Donnerstag sah es sogar für einen Moment so aus, als komme es zum großen Knall in der Volkspartei. Ein ÖVP-Kenner, der - natürlich - nicht zitiert werden wollte, ließ sich sogar zu folgender Prognose hinreißen: "Die Chancen, dass Michael Spindelegger heute, Freitag, noch ÖVP-Obmann ist, sind weniger als 50 Prozent".

Krisensitzung am Donnerstag
Für Donnerstag, 18 Uhr, hatte Spindelegger die Landesparteiobleute, einige Minister und die Obleute der Bünde nach Wien beordert. Nur Klubobmann Karlheinz Kopf, der Wirtschaftsbündler aus Vorarlberg, war nicht geladen. Was wiederum nicht verwunderte, wenn stimmt, dass es vor allem um seinen Posten bei dem Treffen gehen sollte. Wobei es zwei kolportierte Varianten gegeben haben soll, eine kleine und eine große.

Die kleinere sah nur einen Wechsel an der Klubspitze vor; die größere hätte Spindelegger an die Spitze des Finanzministeriums, dessen aktuelle Besetzung, die Oberösterreicherin und Wirtschaftsbündlerin Maria Fekter, in den Klub und den Zweiten Nationalratspräsidenten Fritz Neugebauer, einen Wiener und Beamtengewerkschafter, zugunsten Kopfs in den politischen Ruhestand katapultieren hätte sollen. Neo-Europastaatssekretär Reinhold Lopatka, ein Steirer aus dem ÖAAB, wäre nach diesem Drehbuch nach nur wenigen Tagen im neuen Job gleich zum Minister aufgestiegen.

Das alles kann man glauben und für vernünftig halten oder auch nicht. Als gesichert darf gelten, dass Spindelegger nach einer stärkeren Plattform für das kommende Wahljahr sucht.

Ständig neue Gerüchte am Donnerstag
Im Laufe des Donnerstags zeichnete sich dann ab, dass es in der Partei keine Mehrheit für diese Neuaufstellung geben dürfte. Insbesondere der Wirtschaftsbund sowie die Länder Oberösterreich und Vorarlberg sollen dagegen mobilisiert haben. Kein Wunder, alle drei hätten massiv an Einfluss durch die Personalrochaden eingebüßt. Hinzu kommt, dass der Klub relativ geschlossen hinter seinem gewählten Klubobmann steht. Also galt kurz vor Beginn des abendlichen Krisentreffens, was ein anonymer Insider so formulierte: "Der Big Bang ist abgesagt." Wobei mit Gewissheit wollte auch dieser Informant dieses Szenario nicht behaupten. Nicht ausgeschlossen schließlich, dass der Parteichef auf Zugeständnisse pocht. Aus dem Umfeld von Spindelegger war im Vorfeld der Sitzung verlautet, dass es sich um keine Krisensitzung handle, sondern um ein Besprechung zum Thema Bundesheer.

Wenigstens einer, nämlich Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer, ein Salzburger, raffte sich zu einer Solidaritätsadresse an Spindelegger auf: Dieser habe aber zum jetzigen Zeitpunkt die "hundertprozentige Loyalität der Partei". Und er stellte auch die rhetorische Frage, ob die ÖVP denn "keine anderen Sorgen habe, als jetzt eine Personaldiskussion zu starten". Viele Wähler und Funktionäre seien darüber alles andere als erfreut.

Niederösterreicher gegen Oberösterreicher
Schließlich werden nach der wenigstens diesbezüglich ruhigen Ära Schüssel in der ÖVP wieder traditionell gerne die Messer gewetzt. Aktuell segeln Spindelegger und Fekter nicht wirklich auf einer Linie, weder zwischenmenschlich noch, was den politischen Stil angeht. Hinzu kommt die Person von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, wie Fekter Oberösterreicher und Wirtschaftsbündler, den einige in der Partei für den besseren Spitzenkandidaten für die Wahlen 2013 halten. Diese beiden sind es auch, die wohl bereitstehen, sollte es zu einem Wechsel an der Spitze der ÖVP kommen. Mit dem erbitterten Widerstand Niederösterreichs wäre trotzdem zu rechnen.

Wie kam es aber zu dieser Zuspitzung der Ereignisse? Dem Vernehmen nach liegt der Grund für diese jüngste Eskalation im Alleingang Erwin Prölls ins Scahen Bundesheer, als der Niederösterreichs Landeshauptmann ohne Rücksprache via ORF eine Volksabstimmung verlangte.

Foul Pröll, Revanche Spindelegger
Obmann Spindelegger konterte mit einem Revanchefoul. Hatte Pröll die Absicht, die Volksbefragung erst für Herbst kommenden Jahres, also weit weg von dem für Frühjahr 2013 angesetzten eigenen Landtagswahlen anzusetzen, konterkarierte der ÖVP-Obmann diese Absicht, indem er sich mit Bundeskanzler Werner Faymann auf den Jänner 2013 als Termin einigte. Spindelegger fürchtete - wohl zurecht -, dass die Bundespartei im Herbst 2013 wohl ziemlich allein vor der Aufgabe einer Mobilisierung für die Wehrpflicht gestellt worden wäre. Schließlich wählt neben Niederösterreich auch Tirol im Frühjahr.

Nach dieser Retourkutsche unter Niederösterreicher sinkt nun auch das Vertrauen in dessen Fähigkeiten innerhalb der NÖ-Fraktion. Pröll soll Spindelegger deshalb klargemacht haben: Wir tun, was wir wollen. Und der ÖVP-Bundesobmann hat bekanntlich seine Antwort mit eienr Retourkutsche gegeben.

Möglicherweise steigt aber am Ende weißer Rauch auf - und gar nichts ist geschehen. Außer vielleicht Änderungen in der Parteizentrale. Denn der Tiroler Johannes Rauch wird auch immer wieder genannt, wenn es um mögliche Ablösen innerhalb der ÖVP geht. Dann bliebe zwar vorläufig alles beim Alten, aber Spindelegger wäre ab sofort ein politisches Leichtgewicht.

Und eines mit Ablaufdatum. "Die ÖVP setzt sich für die Beibehaltung der Wehrpflicht ein. Wenn die Volksbefragung negativ ausgeht, ist Spindelegger Geschichte", glaubt ein Funktionär. Sollte die Volksbefragung in Niederösterreich im Sinne der ÖVP ausgehen, aber bundesweit verloren werden, "ist Spindelegger noch am gleichen Abend weg."

Auffallend ruhig ist Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Er war der erste VP-Politiker, der den Martinz-Rücktritt kommentierte. Derzeit ist von ihm nichts zu sehen . . .