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Weich wie Stahl

Von Andreas Rauschal

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Punk war früher. Heute durchzieht der Trend zur Rührseligkeit nicht nur das Werk trauriger junger Männer mit Bart, Wanderklampfe, Soziophobie und keiner Freundin, oder, auf die Welt des TV-Spots übertragen, die gemeine Merci-Werbung. Weil die Welt kalt ist und finster, wird auch fernab der Pralinenpropaganda auf die Tränendrüse gedrückt, Menschlichkeit bewiesen und Verbundenheit beschworen: Gemeinsam, da sind wir irgendwie zusammener - und überhaupt scheint Werbung unter den Emo- und Krisenschatten unserer Tage weniger breitbeinig vorgetragene Kundenanmache zu sein als vielmehr ein stiller Schrei nach Liebe (vulgo Mitleidssex).

Mein Bankberater ist mein bester Freund. Er blickt mich zärtlich an, damit ich seine wenigen Zinsen mit dem meisten Lächeln akzeptiere. Komm, treuer Versicherungsmann, lass uns noch eine Runde Tennis spielen! Klavier fällt ein. Die Streicher machen uns weinen. Haus, Frau, Kind, Katze und Hund erscheinen am Schirm. Jemand hat "Leben" gesagt, "Vertrauen" oder - und spätestens jetzt müsste man skeptisch sein! -, dass Löwen Flügel haben.

Mit der IG Metall aus Linz, in deren Spots es aktuell nicht zu knapp menschelt, ist übrigens die nächste Branche knieweich wie Stahl geworden. Jochen Distelmeyer in der Bundesheer-Werbung oder Michael Landau als Testimonial eines Inkasso-Büros wären jetzt noch toll. Der Spalt zwischen Form und Inhalt ist egal. Nur das Image zählt. Sieht doch gleich besser aus!