Dank Wissenschaftsministerin Beatrix Karl kommt wieder Schwung in die Bildungsdebatte. Die Idee einer gemeinsamen Ausbildung bis zum 14. Lebensjahr ist zwar weder neu noch unbekannt (die angelsächsischen Länder leben problemlos damit), fordert aber die Strukturen heraus.
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Die Hauptschule und AHS-Unterstufe würden - vereinfacht gesagt - vereinheitlicht. Die größte Herausforderung dabei liegt inhaltlich wohl bei den Lehrplänen.
Politisch geht es darum, eine Gesamtschule einzuführen, ohne sie Gesamtschule zu nennen. Das Wort löst in weiten Teilen der ÖVP reflexartige Ablehnung aus. Es ist daher gut, dass sich die Sozialpartner in die Debatte einmischen - allen voran Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl. Denn es geht darum, Bildungsdefizite zu verringern. Viele Firmen klagen, dass Jugendliche, die eine Lehre beginnen möchten, Probleme mit elementaren Kulturtechniken haben.
Auf die Gewerkschaft kommt dabei viel Arbeit zu. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen leistet die Lehrergewerkschaft erbitterten Widerstand. Innerhalb des ÖGB ist diese Position alles andere als populär, doch bisher obsiegte immer der Solidaritätsgedanke: Die am Markt agierenden Arbeitnehmervertretungen und die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst bildeten zu guter Letzt immer den Schulterschluss. Zuletzt beim Streik der Lehrer gegen zusätzliche Unterrichtsstunden.
Wenn die Debatte diesmal über die Analyse hinauskommen soll, ist es notwendig, dass sich auch der ÖGB eindeutig positioniert. Nur so wird möglich, was der Bildungsexperte Bernd Schilcher über eine vergleichbare Schulreform in Finnland sagte: Irgendwann waren die Lehrergewerkschaften alleine mit ihrem Nein, und das finnische Parlament beschloss die Reform. Nun funktioniert es.
Auch der bei den Lehrern starke ÖAAB wird Farbe bekennen müssen. Dass ÖVP-Chef Josef Pröll explizit gegen den Vorschlag Karls ist, kann aus seiner eher weichen Formulierung nicht herausgelesen werden. Und der Vorwurf, ihr Vorschlag käme zu früh, gilt auch nicht. Dazu liegt er viel zu lange auf dem Tisch. Die beiden zuständigen Ministerinnen sind sich einig. Jetzt wäre es schön, wenn sich die Abgeordneten bewegen. Als Tipp: Auch Beton werden Weichmacher zugesetzt.