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Weihnachten aus der Fabrik

Von Petra Tempfer

Wirtschaft
Weit gereist, dafür billig produziert: Plastikbäume aus China.

China löste vor genau zehn Jahren Deutschland als wichtigstes Importland für Weihnachtsschmuck ab.


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Wien. Eines gleich vorweg: Von der Weihnachtsinsel im Indischen Ozean kommt kein Weihnachtsschmuck nach Österreich. Das liegt aber vermutlich daran, dass die Wirtschaft der 135 Quadratkilometer großen Insel vor allem auf dem Abbau und Export von Phosphat basiert und sie ihren Namen lediglich dem Zeitpunkt verdankt, an dem sie Kapitän William Mynors erreichte: Sein Schiff legte am 25. Dezember 1643 an der Weihnachtsinsel an.

Die politisch zu Australien gehörende Insel hat mit Weihnachten also ähnlich wenig zu tun wie China, das kein christliches Land ist und wo die Tage rund um den 24. Dezember daher auch keine Feiertage sind. Eine Zeit lang war hier Weihnachten sogar verboten. Dennoch wäre dieses Fest in Österreich ohne China undenkbar - zumindest, was den Weihnachtsschmuck betrifft. Vor genau zehn Jahren löste China der Statistik Austria zufolge Deutschland als wichtigstes Importland ab.

Wurde 2006 noch Weihnachtsschmuck um rund 10 Millionen Euro aus Deutschland und um etwa 8 Millionen Euro aus China importiert, so tauschten die zwei Länder 2007 ihre Plätze: Die Importsumme aus Deutschland lag nur noch bei 9,1 Millionen und jene aus China bereits bei 10,4 Millionen Euro. Heute haben sich diese Positionen weiter verschärft. Im Vorjahr kam laut Statistik Austria Schmuck um rund 7,3 Millionen Euro aus Deutschland und um 13,2 Millionen Euro aus China, wo die Produktionskosten niedrig sind - und die Arbeitsbedingungen als schlecht gelten. Insgesamt wurde um 37 Millionen Euro importiert, 2006 lag diese Summe erst bei 26 Millionen Euro. Weitere wichtige Importländer sind Ungarn, die Slowakei, die Tschechische Republik und Indien.

Keine größere Produktionmehr in Österreich

Weihnachtsschmuck aus heimischer Produktion ist schon längst Geschichte. 2010 schloss der letzte größere Christbaumkugel-Hersteller, das Tiroler Traditionsunternehmen Krebs & Söhne, seinen Standort Kufstein. Nach dem Aufkauf durch Brauns-Heitmann wurde das Werk ins deutsche Warburg verlegt, der Löwenanteil der Produktion wanderte nach China. Heute gibt es nur noch kleinere Glasmanufakturen in Österreich oder Kunsthandwerkbetriebe, in denen zum Beispiel Glaskugeln von Hand bemalt werden. Der traditionelle Gablonzer Christbaumschmuck wird hingegen in Tschechien hergestellt, obwohl sich der Firmensitz in Enns in Österreich befindet.

Am weihnachtlichen Glasschmuck-Markt mischt aber seit kurzem ein Nachbarland kräftig mit: Serbien, das bis 2014 in Sachen Weihnachtsschmuck bedeutungslos war, sprang 2015 gleich in eine Spitzenposition. Damals wurde Weihnachtsschmuck aus Glas um 3,4 Millionen Euro importiert, im darauffolgenden Jahr hatte sich diese Summe auf 9,3 Millionen Euro fast verdreifacht. Betrachtet man ausschließlich den Weihnachtsschmuck aus Glas, so schlägt Serbien heute sogar China (3,7 Millionen Euro) und Deutschland (1,4 Millionen Euro).

Woran das genau liegen könnte, kann selbst die Wirtschaftsdelegierte der Wirtschaftskammer Österreich in Serbien, Erika Teoman-Brenner, nicht erklären. Grundsätzlich gebe es mehrere österreichische Firmen, die in Serbien produzieren, sagt sie. Tatsache ist jedoch, dass der große österreichische Kristallglas-Hersteller Swarovski mit Sitz in Wattens in Tirol genau im Jahr 2015 einen Produktionsbetrieb in der nordserbischen Stadt Subotica eröffnet und kurz darauf erweitert hat. Swarovski produziert übrigens seit vielen Jahren auch in China und Indien.

Im November dieses Jahres beklagte Ernst Daberto, Arbeiter-Betriebsratschef, dass immer mehr Jobs vom Stammsitz in Wattens in das Werk nach Serbien verlagert werden, schrieb die Tiroler Tageszeitung. "Serbien scheint das Allheilmittel zu sein, um billigst zu produzieren, Geschäftsethik hin oder her", bemängelte er demnach. Das Produktionsvolumen in Wattens sinke tatsächlich, hieß es daraufhin von Swarovski, das liege aber vor allem daran, dass Kunden statt großer Mengen immer häufiger nach Kollektionen in kleineren Stückzahlen verlangen würden.

Swarovski in Serbien mit "verlängerter Werkbank"

Was den Weihnachtsschmuck betrifft, so produziert Swarovski sowohl Baumschmuck als auch Figuren aus Glas. "Wir gehen aber nicht davon aus, dass Swarovski Weihnachtsschmuck der Grund für gestiegene Exporte aus Serbien ist", heißt es auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" von Seiten des Unternehmens. Der Standort in Subotica sei lediglich eine verlängerte Werkbank des Stammwerkes in Wattens.

Wie auch immer. Mit ein Grund, warum Serbien den Markt bezüglich Einfuhrwert beherrscht, ist vermutlich jener, dass die von dort importierten Artikel eher dem hochpreisigen Segment angehören. Eine Weihnachtskugel aus China kostet meistens weniger als zwei Euro. Um auf einen hohen Einfuhrwert zu kommen, braucht es eine extrem große Stückzahl.

Mit der Urform der Weihnachtskugel hat jene aus China freilich wenig zu tun. Glaskugeln werden seit Jahrhunderten geblasen, das "Kugeln" ist bis heute ein Lehrberuf. Dass Christbaumkugeln, wie wir sie heute kennen, dazu gehören, ist aber einer Erfindung im Jahr 1848 in Lauscha in Thüringen zu verdanken. Damals verspiegelte man erstmals die Innenseite von Glaskugeln, tauchte die Außenseite in Farbe, was die Kugeln zum Glänzen brachte - und behängte den Christbaum damit. Davor hatte man diesen vor allem mit Äpfeln, Nüssen, Lebkuchen und vergoldetem Papiermaché geschmückt.

Im Laufe der Jahre änderte sich die Methode der Verspiegelung. Verwendete man anfangs die ungesunde Kombination aus den Schwermetallen Zinn und Blei, ersetzte man diese im späten 19. Jahrhundert durch eine Silberlösung. Zuerst griff die nordböhmische Glasindustrie dieses Verfahren auf, nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Thüringen zu einem weiteren Zentrum der Christbaumkugel-Industrie. Seit den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts produziert China Weihnachtsschmuck und beliefert damit die ganze Welt.