Gestern, Montag, trat der ÖGB nochmals zur Verteidigung jener Maßnahmen auf, die Österreich heute in weiten Teilen zum Stillstand bringen werden. Was auffiel: In der Phalanx der "roten" Gewerkschafter fehlte einer - Fritz Neugebauer, GÖD-Chef und einziger "Schwarzer" von Gewicht im ÖGB.
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"Ein Streik ist ein Streik und kann nicht zum 'Streikerl' mutieren" - so rechtfertigte ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch die unleugbare Tatsache, dass so mancher Arbeitnehmer aufgrund der heutigen Streikaktionen gegen die von der Regierung geplante Pensionsreform seinen Arbeitsplatz nur mit Mühe und unter Umständen auch gar nicht erreichen wird können.
Gleich sechs Vorsitzende von Teilgewerkschaften unterstützten ihren Präsidenten dabei, noch einmal die Gründe für die heutigen Protestmaßnahmen darzulegen: "Nur Pensionskürzung, aber keine Strukturänderung" (Verzetnitsch). "Angebliche Verbesserungen für Frauen sind nur heiße Luft" (Frauen-Vorsitzende Renate Csörgits). "Kultur des sozialen Dialogs wurde nicht mehr gepflegt" (GPA-Chef Hans Sallmutter). "Kann kein Kompromissangebot der Regierung erkennen" (derselbe). "Die Bau- und Holzarbeiter sind zornig" (Bau-Holz-Gewerkschafter Johann Driemer). "Die 10-Prozent-Deckelung ist der größte Zauberschmäh" (Metaller-Chef Rudolf Nürnberger).
Auffallend bei der geballten ÖGB-Präsenz war jedoch die Abwesenheit von Beamten-Chef Neugebauer, wenngleich sich Verzetnitsch beeilte, die völlige Geschlossenheit des ÖGB beim Kampf gegen die Pensionsreform zu betonen.
Inhaltlich gab es keine Bewegung: Der ÖGB beharrt kategorisch auf einer Zurücknahme der Regierungspläne zur Pensionsreform. Die auf dem Tisch liegenden Vorschläge sind nicht "akzeptabel". Damit bleibt aber auch weiter unklar, was passiert, wenn die heutigen Streikaktionen ohne Wirkung bleiben. Beim Gewerkschaftsbund jedenfalls gab man sich vor der großen Machtdemonstration selbstbewusst: Auf die Frage, wie lange sich der ÖGB - dessen Streikfonds zu den am besten gehüteten Geheimnissen dieser Republik zählt - Streik solchen Ausmaßes leisten wird können, hieß es nur, die Gewerkschaft habe einen langen Atem.
Ein positiver Aspekt der Kraftprobe stand jedenfalls schon gestern fest: Erstmals seit Jahren verzeichnet der ÖGB wieder wachsende Mitgliederzahlen: "So viel Mitgliederzuwachs wie noch nie" stellte Nürnberger zufrieden fest.