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Dass sich die SPÖ über den Vorschlag von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, den Steuersatz für Besserverdiener (gemunkelt wird ab einem Bruttoeinkommen von 200.000 Euro im Jahr) vorübergehend zu erhöhen, freut, ist ein Missverständnis. Prölls Vorschlag ist keineswegs ein ÖVP-Schwenk in Sachen Vermögenssteuer, als den ihn die Sozialdemokraten sehen. Vielmehr würde eine Umsetzung von Prölls Vorschlag eine weitere Belastung des Faktors Arbeit bedeuten - und genau das sollte mit der Vermögenssteuer gemindert werden.
Aber vielleicht freut sich die SPÖ, in deren Gerechtigkeitskampagne Prölls Vorschlag hervorragend passt (OECD-Kritik an zu hoher Belastung von Arbeit hin oder her, schließlich trifft es ja die Reichen), auch darüber, dass die beim Koalitionspartner sich wieder einmal ordentlich in den Haaren haben. Das Match lautet Bünde gegen Länder, wobei die Parteispitze keine besonders gute Figar machte. Erst begrüßte der Generalsekretär den Vorschlag, sehr spät kam dann vom Parteichef die Absage.
Da darf man sich aber nicht wundern, wenn sich (auch in der Partei selbst) keiner mehr auskennt, wo die ÖVP denn nun steht. Vor zwei Wochen wurde bei der Klubklausur gebetsmühlenartig gegen neue oder höhere Steuern angeredet - und jetzt genügt ein Wort aus St. Pölten und die halbe Partei schwärmt von höheren Steuern für Besserverdiener. Ganz abgesehen davon, dass keiner weiß, wer wie lange wie viel zahlen sollte.
Wobei, in den Ländern hat man schon etwas konkretere Vorstellungen: Die "Superreichen" dürften "nicht ungeschoren davonkommen" - klingt zwar nach roten Gewerkschaftern, tatsächlich sind es die ÖVP-Landeshauptleute von Vorarlberg, Ober- und Niederösterreich, die so reden.
Überraschend ist das allerdings nicht. Auf Landesebene ist Populismus mehr Tugend als Makel. Dass gerade Pröll höhere Steuern vorschlägt, verwundert ebenfalls nicht. Schließlich gilt Niederösterreich ja auch nicht gerade als sparsam. Und es ist nun einmal viel einfacher, an der Steuerschraube zu drehen. Was überrascht, ist die Tatsache, dass mit Vorarlberg und Oberösterreich jene zwei Länder Prölls Vorschlag begrüßen, die sich als Vorreiter in Sachen Sparsamkeit und Verwaltungsreform präsentieren.
Einen Solidarbeitrag der Besserverdienenden mittels einer vorübergehenden Steuererhöhung kann man ruhig diskutieren. (Wobei das Wort "vorübergehend" stutzig machen sollte, schließlich gibt es in Österreich den Hang zu Dauerprovisorien.) Dass die Diskussion zwei Wochen nach einer Klubklausur losgetreten wird, in der sich die Partei klar positionieren wollte, spricht Bände über den Zustand der ÖVP.