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Weil wir es unseren Kindern schuldig sind

Von Matthias Strolz

Gastkommentare
Matthias Strolz ist Klubobmann der Neos.

Es braucht nicht nur eine Pensionsreform, sondern auch eine Mentalitätsreform. Unsere Erwerbsbiografie sollte nicht darauf ausgerichtet werden, zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Pension zu gehen.


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Internationale und nationale Expertinnen und Experten sind sich einig: Das österreichische Pensionssystem ist nicht nachhaltig aufgestellt. Es ist nicht "enkelfit", weil im Sinne der Generationengerechtigkeit massiv in Schieflage. Es ist nur mit heftig steigenden Zuschüssen aus Steuergeldern finanzierbar. Allein für heuer ergeben unsere Berechnungen, dass wir über eine halbe Milliarde über Budget zuschießen müssen. Die offiziellen Zahlen werden also weiterhin schöngerechnet.

Die Steigerungsraten für die Pensionszuschüsse liegen für die nächsten Jahre voraussichtlich jeweils bei rund einer halben Milliarde Euro. Kumuliert über die nächsten sieben Jahre entspricht der Anstieg der Pensionszuschüsse in etwa einem Jahresbudget im Bereich Wissenschaft und Forschung. Der Pensionsbereich ist die größte und am schnellsten wachsende Budgetposition in Österreich. Gleichzeitig halten wir in vielen Sektoren Pensionsprivilegien aufrecht, anstatt zügig ein faires einheitliches Pensionssystem zu realisieren.

Die Stadt Wien beispielsweise behält Pensionsprivilegien bis ins Jahr 2042 aufrecht - ein Schlag ins Gesicht aller ASVG-Pensionisten; und ins Gesicht der Jungen, die damit rechnen müssen, dass sie länger arbeiten, mehr einzahlen und zwischen 30 und 40 Prozent weniger als ihre Eltern ausbezahlt bekommen.

Natürlich brauchen wir für eine gelingende Pensionsreform auch eine Mentalitätsreform. Wir sollten unsere Einstellung zum Thema Arbeit ändern. Wenn es ein Grundbedürfnis des Menschen ist, produktiv und tätig zu sein, sollten wir unsere Erwerbsbiografie nicht darauf ausrichten, beim ehestmöglichen Zeitpunkt und durch das erste sich zeigende Schlupfloch in das "gelobte Land" namens Pension zu flüchten. Vielmehr sollten wir den Pensionsantritt flexibler handhaben als bisher. In diesem Sinn gilt es, in gleitenden Übergängen zu denken und erweiterte Möglichkeiten einer Altersteilzeit und eines Zuverdienstes in der Pension zu integrieren.

Andere Länder haben entschlossene Schritte in Richtung enkelfittes Pensionssystem gesetzt. Wir schlagen die Einführung eines Flexipensionsmodells nach schwedischem Vorbild vor, das via Weiterentwicklung des Pensionskontos relativ einfach umsetzbar ist. Die Bürger entscheiden selbst, wann sie innerhalb eines Korridors (Vorschlag: zwischen 61 und 69) in Pension gehen. Der Zeitpunkt bestimmt die Pensionsleistung: je später, desto höher. Die Pensionen werden versicherungsmathematisch berechnet und laufend der Lebenserwartung angepasst.

Der politische Kampf der Regierungsparteien macht die Dringlichkeit sichtbar, das Pensionssystem dem politischen Kleinkrieg zu entziehen und in Form eines nachhaltigeren Konzepts aufzusetzen. Nachdem wir unseren Kindern schon einen Rekordschuldenberg in den Rucksack packen, sollten wir zumindest das Pensionssystem in Ordnung bringen. Das sind wir ihnen schuldig.