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Weil’s nicht "wurscht" ist

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
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Ehrliche Worte haben Hochkonjunktur zum Jahreswechsel. Vielleicht weil immer noch erstaunlich viele glauben, durch das Aussprechen unbequemer Tatsachen ließe sich auch ihr negativer Gehalt erträglicher gestalten. Für den Moment zumindest.

Deshalb folgende Prophezeiung: Die Politik wird in Zukunft mehr Geld für Verteilungszwecke benötigen, sehr viel mehr Geld sogar. Nicht, weil die Parteien allesamt nicht sparen können (vielmehr: wollen), das sicher auch; aber vor allem, weil wir alle es so wollen.

Sage jetzt keiner, solche Behauptungen seien nur Hirngespinste mit dem Zweck zu verunsichern. Die Logik der demografischen Fakten und deren absehbare Fortschreibung lässt keinen anderen Schluss zu. Die Kosten für Gesundheit, Pflege und Betreuung der ganz Jungen wie der sehr Alten unserer Gesellschaft weisen jetzt schon eine weit überdurchschnittliche Dynamik auf. Und diese Dynamik wird weiter steigen.

Natürlich liegt in dieser Entwicklung auch wirtschaftliches Wachstumspotenzial; insbesondere die Zahl der Arbeitsplätze in diesen Bereichen wird stark zulegen. Nur wird dieses Wachstum überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert sein. Und dieses Geld mus sich der Staat zuvor (oder spätestens dann, wenn die Schulden aus dem Ruder laufen) von den Bürgern holen.

Über kurz oder lang wird also nicht die Frage sein, ob es neue Steuern auf Vermögen geben wird, sondern nur, wie hoch diese sein werden. An der Hoffnung, dass es ohnehin nur die paar Reichen im Land treffen wird, sollte man sich besser nicht klammern; die politische Erfahrung und der bevorstehende Finanzbedarf sprechen dagegen.

Gibt es eine Alternative zu diesem Szenario? Nicht, wenn man ehrlich ist. Theoretisch natürlich schon, etwa wenn man die Allzuständigkeit der öffentlichen Hand hinterfragen würde. Doch dafür ist kein politischer Konsens in Sicht, nicht in Österreich, nicht in Europa - und in den USA gerät die Idee eines minimalen Staates gerade ins Rutschen.

Wir wollen eine allmächtige öffentliche Hand. Gerade deshalb sollten wir allerdings dafür sorgen, dass daraus keine allmächtigen Politiker werden. Politik ist nämlich nicht "wurscht". Das gilt zwar immer und überall, aber besonders in einem Super-Wahljahr in Österreich.