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Die neue Anzengruber-Verfilmung wurde knarzend-schmierig-ölig als "bewegendes Schicksalsdrama zwischen Leid und Liebe" vorangekündigt. Das klang ein bißchen wie Rosamunde Pilcher auf Urlaub bei
österreichischen Bauern. Wollen wir hoffen, dass sich deswegen niemand vom Anschauen abhalten ließ, denn der Regisseur Julian Pölsler hat aus dem "Schandfleck" einen wirklich herausragenden Film
gemacht. Die erste Szene, in der die Bäuerin ihr außereheliches Kind mit einem Polster ersticken will, um ihren Fehltritt ungeschehen zu machen, zeigte, wie ernst der Regisseur das etwas angestaubte
Thema der Schande nahm. Die Schauspieler, allen voran Hans Michael Rehberg als Bauer und hartherziger Stiefvater, haben die Anzengruber-Figuren zum Leben erweckt, so sehr, dass die Verfasserin, sie
gesteht es beschämt, bei Lenis Abschied eine Träne vergießen mußte. Der zweite Teil folgt am Mittwoch um 20.15 Uhr.
Kurt Sobotkas 70. Geburtstag beging der ORF am Samstag in der Komödienreihe mit dem Schwank "Der Meisterboxer". Dieses Stück von Carl Mathern und Otto Schwartz war so niederschmetternd lustig, dass
man glauben könnte, nicht nur die EU wolle Österreich demoralisieren, sondern der ORF hat sich ebenfalls vorgenommen, unsere Stimmung zu unterminieren. Das Gelächter der Wiener Kammerspiele-Besucher
wirkte wie ein vielstimmiger Lachsack zur Verhohnepiepelung von Kurt Sobotka, der zeitlebens gewiss in besseren Stücken gespielt hat.