Sollen Staatsanwälte weisungsfrei agieren? Rund um Korruptionsaffären und Justizgipfel ist diese Frage erneut aufgetaucht. Die SPÖ ist eher dafür, die ÖVP und Justizministerin Claudia Bandion-Ortner sind dagegen. Weisungsfreie Behörden gibt es in Österreich bereits.
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Die Finanzmarktaufsicht beispielsweise, oder die kommende Medienbehörde. Die Weisungsfreiheit wird üblicherweise von der Politik unterlaufen, indem für sie berechenbare Personen die jeweiligen Behörden leiten. Daher ist die Frage der Weisungsfreiheit relativ zu sehen. Das Problem ist indes ein anderes. Das Weisungsrecht bedingt eine Berichtspflicht ans Ministerium. Und wie Staatsanwälte im "Falter" erklärten, steckt hier der Fehler: Denn bis die Berichte gelesen wurden, vergehen Monate. In der Zwischenzeit ruht das Verfahren, und wenn sich das Ministerium Zeit lässt, kann es zu Verjährungen kommen.
Diese recht österreichische Lösung (dahinter kann politische Absicht stecken, muss aber nicht) erzürnt auch die internationale Organisation OECD. Sie bezeichnet Österreich als "Korruptions-Oase". Bei Ermittlungen gegen bekannte Namen (beispielsweise Karl-Heinz Grasser) gehen Staatsanwälte - wohl auch wegen der regelmäßigen Berichte, die sie zu schreiben haben - offenbar besonders vorsichtig ans Werk. Und wenn Vertreter von regierenden Parteien involviert sind, noch vorsichtiger. Faktum ist, dass bei der Bawag alles sehr viel schneller ging als im jetzigen Buwog-Verfahren oder auch bei der Hypo Alpe Adria. Damals ging es gegen das SPÖ-Umfeld, und die Sozialdemokraten waren zu jener Zeit in Opposition.
Das spricht eindeutig für eine weisungsfreie Staatsanwaltschaft, die unabhängig von den politischen Konstellationen ermitteln kann. Untätige Staatsanwälte müssen aber sofort abberufen werden können - auch dies soll ja vorgekommen sein.
Im Kampf gegen die Korruption wird derzeit vor allem der personelle Mangel beklagt. Der Mangel liegt aber im System. Ein Fall wie Siemens Deutschland (dort gab es ein ausgeklügeltes Schmiergeldsystem, um zu Aufträgen zu kommen) würde in Österreich niemals so breit und in aller Öffentlichkeit diskutiert und aufgerollt werden. Dazu sind Wirtschaft und Politik zu eng vernetzt. Und solange die Justiz so eng an der Politik hängt, solange wird es Kritik geben. Denn daran können auch hundert dafür (oder besser dagegen) ausgebildete Staatsanwälte nichts ändern.
Neue Planstellen für die Justiz