Ein Drittel der Österreicher bildet sich beruflich nicht weiter.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 8 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Österreicher sind Weiterbildungsmuffel. Und das, obwohl 80 Prozent sagen, lebenslanges Lernen sei ihnen wichtig. Es ist aber gerade einmal knapp die Hälfte, die sich tatsächlich weiterbildet, und 31 Prozent haben noch nie an einer Fortbildung teilgenommen. Sicherheit statt Wissbegierde - zu diesen Ergebnissen kommt eine repräsentative Studie, die IMAS im Auftrag des Wirtschaftsförderungsinstituts der Wirtschaftskammer (Wifi) durchgeführt hat.
Freizeit wichtiger als Wissen
Das Fazit: Gute Ausbildung und Kompetenz seien zwar wichtig für den sozialen Aufstieg, doch nur 22 Prozent sind bereit, sich auch tatsächlich weiterzubilden. "Die logische Brücke ist noch nicht geschlagen worden", sagt Studienautor Paul Eiselsberg zu dieser Diskrepanz. Karriere und Weiterbildung stellen die Österreicher hinten an, Freizeit und Familie ist ihnen wichtiger: Die wichtigsten Ziele sind ein harmonisches Familienleben, ein sicherer Arbeitsplatz und ein freies Leben. Guter Verdienst und beruflicher Erfolg rangieren im Mittelfeld der Antworten, Wissbegierde, Lesen und lebenslanges Lernen spielen eine untergeordnete Rolle.
Großes Gefälle gibt es zwischen den Bevölkerungsschichten und zwischen Stadt und Land: Stadtbewohner sind weiterbildungsaktiver als am Land lebende Personen, Menschen mit Pflichtschulabschluss gehen weit seltener einer Fortbildung nach als Akademiker. Jene mit höherer Bildung sind auch eigeninitiativer und warten nicht darauf, vom Arbeitgeber zu Seminaren verpflichtet zu werden. Dennoch kommt der Anstoß zur Weiterbildung in fast 60 Prozent der Fälle vom Arbeitgeber. Die Bereitschaft, zu einer Fortbildung zu reisen, ist ebenfalls begrenzt: Für die berufliche Horizonterweiterung nimmt die Hälfte der Befragten maximal eine Stunde Fahrzeit in Kauf.
"In den nächsten zehn Jahren werden sich 50 Prozent der Berufe verändern. Wir werden weniger Hilfskräfte und mehr gut qualifizierte Arbeitskräfte brauchen", sagt Wifi-Chef Michael Landertshammer und mahnt die Regierung ein, tätig zu werden: "Seit 2011 gibt es die Strategie zu lebenslangem Lernen, doch passiert ist gar nichts."
Geförderte Fortbildung?
Zuletzt sind Bildungsfreibetrag und Bildungsprämie im Zuge der Steuerreform gestrichen worden. "Man sollte hier wieder fördernd tätig werden", so Landertshammer. Er fordert ein Bildungskonto analog zum Bausparen: Bezahlt ein Arbeitnehmer seine Weiterbildung, soll er Zuschüsse vom Staat bekommen. Je nachdem, wie dieses Modell angelegt sei, würden 50 bis 100 Millionen Euro dafür anfallen. In der Regierung wünscht er sich einen Ansprechpartner, denn derzeit seien vier Ministerien involviert und niemand fühle sich zuständig: "Eigentlich wäre ein eigener Staatssekretär für lebenslanges Lernen angebracht." Im internationalen Vergleich liegt Österreich beim lebenslangen Lernen je nach Befragungsmethode über- oder unterdurchschnittlich gut, sagt Landertshammer, die Bildungsausgaben der Unternehmen seien aber überdurchschnittlich.