Ermittlungen gegen Ex-BWA-Mitarbeiter vor dem Abschluss. | Auch AvW-Anwalt sieht BWA in der Verantwortung. | Klagenfurt. Im 350-Millionen-Euro-Wirtschaftskrimi um das insolvente Beteiligungskonglomerat AvW von Wolfgang Auer-Welsbach, der Ende Jänner 2011 acht Jahre Haft ausgefasste, steht eine weitere Anklage im Raum.
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Im Mittelpunkt dieses Strafverfahrens (Aktenzahl 14 St 67/10v) steht der Verdacht des Missbrauchs der Amtsgewalt gegen ehemalige leitende Mitarbeiter der Bundeswertpapieraufsicht (BWA), der Vorgängerorganisation der Finanzmarktaufsicht (FMA). Laut Aktenlage soll die BWA bereits im Jänner 2001 einen Betrugsverdacht gegen Auer-Welsbach u. a. wegen der nicht nachvollziehbaren Kursbildung bei den AvW-Genussscheinen gehegt haben, aber damals ihrer gesetzlichen Anzeigepflicht nach der Strafprozessordnung nicht nachgekommen sein. Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs wird bestritten.
Neben dem früheren Leiter der BWA-Rechtsabteilung, Rainer W., und dessen Ex-Chef Thomas G. wird nach wie vor auch Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser als Beschuldigter geführt, bestätigt Helmut Jamnig von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt. "Der Abschluss des Ermittlungsverfahrens steht derzeit im Raum, wenn es den internen Meinungsbildungsprozess durchgelaufen hat", sagt Jamnig. Dazu zählt die Berichtspflicht an das Justizministerium. Zur Erinnerung: Den Ermittlungskomplex AvW hat der Liezener Anlegeranwalt Erich Holzinger mit unzähligen Strafanzeigen ins Rollen gebracht. Er vertritt rund 1600 Geschädigte.
Kein Kontakt undauch keine Weisung
Ex-Minister Grasser will damals keine Kontakte zu Auer-Welsbach gehabt und der BWA keine Weisungen in Sachen AvW erteilt haben. "Weder Dr. Auer-Welsbach noch Landeshauptmann Jörg Haider sind während meiner Amtszeit als Finanzminister im Zusammenhang mit AvW-Prüfungen an mich herangetreten", gab Grasser zu Protokoll. Auch seien ihm AvW-Kontakte seiner damaligen Kabinettsmitarbeiter nicht bekannt. "Ich rechne mit der Einstellung des Verfahrens gegen meinen Mandanten", sagt Grassers Anwalt Manfred Ainedter.
Auer-Welsbachs Anwalt Franz Großmann bestreitet Kontakte zu Grasser. "Mein Mandant hat mit Grasser nie etwas zu tun", sagt Großmann. "Ich glaube, dass beide voneinander gedacht haben, dass der jeweils andere ein Parvenü ist."
Laut Aktenlage sollen BWA-Mitarbeiter schon im Jänner 2001 einen strafrechtlichen Verdacht gegen Auer-Welsbach diskutiert haben. Der Grund: Die Kursbildung (Berechnungsmodus) des AvW-Index sei "unüblich, willkürlich und nicht nachvollziehbar" gewesen. Der Verdacht soll im Zuge einer Vorortprüfung bei AvW aufgekommen sein. "Es stand der Verdacht strafrechtlich relevanter Tatbestände im Raum, Untreue und Betrug", erinnert sich ein heutiger FMA-Mitarbeiter. Am 31. Jänner 2001 hielt ein Sektionschef des Finanzministeriums in einem Aktenvermerk fest, dass die BWA eine "Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft überlege". Im BMF-Aktenvermerk heißt es: "Es wurde festgestellt, dass auf die Genussscheine eingezahltes Kapital auf das Privatkonto von Herrn Auer-Welsbach geflossen ist."
"Ausschließlich alleine" Entscheidung getroffen
Am 18. April 2001 wurde der Fall AvW von der BWA - abgesehen von Verwaltungsstrafverfahren - ad acta gelegt und von einer Anzeige an die Anklagebehörde abgesehen. Die Entscheidung dazu will der BWA-Rechtsabteilungsleiter Rainer W. "ausschließlich alleine getroffen" und einen diesbezüglichen Aktenvermerk alleine formuliert haben. Sein damaliger Chef Thomas G. - er bestreitet die Vorwürfe - soll den Vermerk mit dem Wörtchen "gesehen" abgesegnet haben.
"Ich bin der Ansicht gewesen, dass ich seinerzeit berufen war, zu beurteilen, ob ein strafrechtlicher Verdacht vorliegt", gab Rechtsabteilungsleiter Rainer W. zu Protokoll, der den Amtsmissbrauch zurückweist. "Ich habe mir damals den vollständigen Prüfakt nicht kommen lassen, da ich von der Vollständigkeit der relevanten Informationen im Prüfbericht ausgegangen bin." Nachsatz: "Im Übrigen haben wir auch Strafbescheide in Verwaltungsstrafsachen erlassen, ohne den gesamten Prüfakt der Vorortprüfung angefordert zu haben."
Auch will Rainer W. nicht gewusst haben, dass die Anlegergelder auf ein Privatkonto Auer-Welsbachs bei der RBB Klagenfurt flossen, obwohl die BWA darüber Schriftverkehr mit der Bank führte.
Indes ist Auer-Welsbachs Verteidiger Franz Großmann der Ansicht, dass die BWA mit einer Anzeige das AvW-Betrugssystem damals hätte auffliegen lassen können. "Man hätte früher erkannt, welches Konstrukt AvW tatsächlich war", sagt Großmann. "Ich glaube, dass man die Behörde hier nicht aus der Verantwortung entlassen kann."