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Das Treffen zwischen dem tschechischen Ministerpräsidenten Milos Zeman und Österreichs Wolfgang Schüssel im Stift Melk ist schon Wochen vorher mit Spannung erwartet worden. Einziges Thema des gestrigen Zusammentreffens: das umstrittene Kernkraftwerk Temelin. Sollte es zu keiner greifbaren Einigung zwischen den beiden Regierungschefs kommen, sind weitere Grenzblockaden wahrscheinlich.
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Im Vorfeld des Gipfeltreffens, an dem auch EU-Erweiterungskommissar Günther Verheugen, Umweltminister Wilhelm Molterer und der tschechische Außenminister Jan Kavan teilnahmen, gab der österreichische Bundeskanzler zu verstehen, vor allem zwei Dinge erreichen zu wollen: Erstens gehe es ihm um eine externe Sicherheitsüberprüfung Temelins unter Einbindung der Europäischen Kommission. Zweitens um eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach europäischen Standards.
Doch unabhängig davon, was schlussendlich beim Temelin-Gipfel in Melk konkret heraus kommt (der Ausgang des Treffens war zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt), die Atomgegner wollen in nächster Zukunft nicht klein beigeben. Zu Beginn der Gespräche nutzten Temelin-Gegner die Gelegenheit, und überreichten Schüssel 10.000 Unterschriften gegen das Atomkraftwerk. Für heute ist im Raum Freistadt in Oberösterreich eine Arbeitssitzung anberaumt, die für die Zukunft eine koordiniertere Vorgangsweise sicherstellen soll. Dies kündigte zumindest Radko Pavlovec, der Beauftragte des Landes Oberösterreich für grenznahe Atomanlagen, gestern Dienstag an.
Die Umweltorganisation Global 2000 beurteilte unterdessen vor allem die Teilnahme von EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen kritisch. Er habe in seiner kurzen Amtszeit zum Thema Ost-AKW bereits eine breite Palette einander widersprechender Meinungen geäußert, so eine Sprecherin der Umweltorganisation. Global 2000 forderte den Bundeskanzler dazu auf, "keinen faulen Kompromiss" einzugehen.
Der oberösterreichische SPÖ-Chef und Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider betonte, dass Schüssel unbedingt auf den "raschesten Ausstieg aus dem Temelin-Dilemma" drängen müsse. Sollten keine "greifbaren Verhandlungsergebnisse" zu Stande kommen, sind für Haider (SP) neuerliche Grenzblockaden "die logische Folge".
Probebetrieb zweifelhaft
Unklar war am Dienstag, in welcher Intensität derzeit der Probebetrieb im AKW Temelin läuft. Laut Otto Gumpinger vom Österreichisch-Tschechischen Anti Atom-Komitee sind seit Tagen bei den Türmen des AKW Temelin keine Wasserdampfwolken mehr zu sehen, "das deutet darauf hin, dass der Probebetrieb möglicherweise überhaupt gestoppt werden musste, weil es Probleme gibt", so Gumpinger. Auf Anfrage würde seitens der Verantwortlichen in Temelin aber betont, es gebe keinerlei Schwierigkeiten. Er rechne aber unter diesen Umständen nicht damit, dass Temelin in allernächster Zeit erstmals Strom ins Netz liefern könnte, meinte Gumpinger.