Die ÖBB-Reform sorgt weiter für Auseinandersetzungen. Die Eisenbahnergewerkschaft lehnt die neue Struktur vehement ab. Vorsitzender Wilhelm Haberzettl legt dar, dass die Unternehmensteilung zu Lasten von Personen- und Güterverkehr, die derzeit noch Gewinn machen, geht. Schon 2007 müssten beide Absatzbereiche mit 94 Mill. Euro Verlust rechnen.
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Es werde durch Umsatzsteigerung und Einsparungen ein Plus von 370 Mill. Euro geben, doch dieses könnte Einnah-menausfälle und die sogenannten "Zerschlagungskosten" von 560 Mill. Euro niemals kompensieren. "Die Bahn fährt mit Vollgas in die Pleite," lautet Haberzettls Warnung an alle, die sich durch die Reform eine enorme Ersparnis erwarten. Die Kalkulationsunterlagen kämen aus der Mittelfristplanung des ÖBB-Managements.
Da aber die Zuschüsse des Bundes konstant bleiben, wäre Leidtragender der Reform der Personenverkehr. Die Fahrgäste hätten die Folgen auszubaden: Stilllegung von Nebenbahnen, höhere Preise und schlechtere Qualität. Haberzettl untermauert seine Darstellung mit der Entwicklung in anderen Ländern. Die Schwedische Bahn wurde 1988 zerteilt. Nach einer kurzen Erholungsphase kämpft nun der Personenverkehr mit dem Konkurs, da die Kosten für den Personenverkehr sich um das Vierfache erhöht haben. Für heuer braucht er daher eine staatliche Finanzspritze von 200 Mill. Euro, die aber erst von der EU genehmigt werden muss. Das österreichische Modell mit schwacher Holding werde eine prekäre Mischung aus dem schwedischen, deutschen und britischen, die allesamt wenig erfolgsversprechend seien. Die Gewerkschaft schlägt daher vor, die ÖBB nur in Absatz und Infrastruktur GesmbHs unter einer starken Holding zu teilen. Sollte die Regierung diese Forderungen ignorieren, seien weitere Kampfmaßnahmen nicht ausgeschlossen.
Die SPÖ veranstaltet nun ihre eigene Expertenrunde. Sie will dabei ausländische Bahnexperten, die Landeshauptleute von Tirol und Wien, sowie Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl zu Wort kommen lassen. SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer fordert eine Nachdenkpause. Auch der Grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen regt an, die Reform nicht am 3. Dezember zu beschließen. Der Verfassungsgerichtshof will jedenfalls noch davor die strittige ÖBB-Pensionsregelung fertig geprüft haben.