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Welche rechtlichen Folgen hat Mobbing?

Von Thomas Rauch

Wirtschaft

Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter schützen. | Mindestens 720 Euro Schadenersatz. | Wien. Der Begriff Mobbing ist dem österreichischen Arbeitsrecht unbekannt. Es fehlt eine Definition durch das Gesetz. Doch ein Arbeitnehmer ist nicht völlig hilflos, wenn er sich gemobbt fühlt. Er kann einen vorzeitigen Austritt erklären oder Schadenersatz begehren, wenn ein gesetzlicher Austrittsgrund beziehungsweise ein Belästigungstatbestand oder ein sonstiger schadenersatzrechtlicher Tatbestand vorliegt.


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Austrittsgründe wären beispielsweise Tätlichkeiten oder Beschimpfungen, die eine erhebliche Ehrenbeleidigungen darstellen.

Tätlichkeiten sind vorsätzliche Angriffe wie etwa Faustschläge, Ohrfeigen oder Reißen an den Haaren. Eine Strafbarkeit dieser Handlungen ist nicht unbedingt erforderlich, damit hier ein Austrittsgrund vorliegt.

Eine Frage der Ehre

Eine Ehrverletzung ist dann erheblich, wenn sie im besonderen Maß beleidigend ist und ein mit einem normalen Ehrgefühl behafteter Mensch auf sie nicht anders als mit dem Abbruch der Beziehungen reagieren kann. Die Äußerung oder Handlung muss objektiv geeignet sein, ehrverletzend zu wirken, und im konkreten Fall diese Wirkung gehabt haben. Welche Wirkung die Ehrverletzung tatsächlich hat, ist anhand der Reaktion des Betroffenen zu beurteilen.

Ob nun ein konkretes Verhalten die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung begründet, hängt immer von den besonderen Umständen des Einzelfalls ab. So werden etwa der Bildungsgrad der Partner des Arbeitsvertrages, die bisher üblichen Umgangsformen, die Ursachen der beleidigenden Äußerung und ähnliches zu prüfen sein. Bekannte Schimpfworte, die allgemein als grob beleidigend angesehen werden, stellen in der Regel einen Entlassungsgrund dar. Dies gilt etwa für Bezeichnungen wie "Schwein", "blöde Kuh", "Idiot", "Tschusch", "Arschloch" und "Lausbub". Derartige Äußerungen durch den Arbeitgeber würden einen vorzeitigen Austritt im Regelfall rechtfertigen. Erfolgen solche Bezeichnungen hingegen durch Kollegen, so müsste zunächst ein Abhilfegesuch an den Arbeitgeber gestellt werden.

Abhilfe durch den Chef

Falls die austrittsrelevanten Beleidigungen, Tätlichkeiten oder Verletzungen der Sittlichkeit von anderen Mitarbeitern oder allenfalls Kunden ausgehen, muss sich der Arbeitnehmer zunächst auch an den Arbeitgeber wenden und diesen um Schutz ersuchen.

Geeignete arbeitsrechtliche Abhilfemaßnahmen des Dienstgebers sind primär die Verwarnung und die Versetzung des Täters oder der Täter. Soll der Täter versetzt werden, ist allerdings der Versetzungsschutz nach dem Arbeitsverfassungsgesetz zu beachten.

Sexuelle Belästigung

Mobbinghandlungen können auch auf Belästigungsbeziehungsweise Diskriminierungstatbeständen im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes sowie auf Paragraf 7 Behinderteneinstellungsgesetzes beruhen. Dabei geht es um sexuelle Belästigung, Belästigung auf Grund des Geschlechts, Belästigung wegen des Alters, Belästigung im Zusammenhang mit der ethnischen Zugehörigkeit, Belästigung wegen der Religion oder der Weltanschauung, Belästigung wegen der sexuellen Orientierung und Belästigung im Zusammenhang mit einer Behinderung.

Eine Belästigung liegt vor, wenn bewirkt oder bezweckt wird, dass die Würde der betroffenen Person verletzt und ein einschüchterndes, feindseliges, entwürdigendes, beleidigendes oder demütigendes Umfeld für die betroffene Person geschaffen wird.

Der belästigte Arbeitnehmer hat Anspruch auf angemessenen Schadenersatz zum Ausgleich der erlittenen persönlichen Beeinträchtigung in der Höhe von mindestens 400 Euro, wenn der Nachteil nicht nur in einer Vermögenseinbuße besteht. Im Fall der sexuellen Belästigung erhöht sich dieser Anspruch auf mindestens 720 Euro. Der Schadenersatzanspruch kann sich auch gegen andere Arbeitnehmer richten, die belästigende Handlungen vornehmen. So wurde einem homosexuellen Arbeitnehmer ein Schadenersatz gegen zwei Kollegen in der Höhe von je 400 Euro zugesprochen, weil er von diesen wegen seiner sexuellen Orientierung regelmäßig verspottet wurde.

Auch bei Belästigungsbeziehungsweise Diskriminierungsfällen ist der Arbeitgeber verpflichtet, entsprechende Gegenmaßnahmen zu ergreifen, sofern er nachweislich vom belästigten Arbeitnehmer zur Abhilfe aufgefordert wurde.

Thomas Rauch ist Mitarbeiter der Sozialpolitischen Abteilung der Wirtschaftskammer Wien. Ein ausführlicher Beitrag erscheint auch in der "Arbeits- und Sozialrechtskartei" des Linde Verlags.