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Welche Strafen bei einem Sturm auf das Parlament drohen

Von Daniel Bischof

Politik

Die Corona-Proteste werden von der Exekutive besonders beobachtet. Bei Situationen wie in den USA würde es hohe Strafen setzen.


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Mit zehntausenden Demonstranten wird diesen Samstag in Wien gerechnet. Mehrere Proteste gegen die Corona-Maßnahmen mit insgesamt mehr als 30.000 Teilnehmern wurden angemeldet. Die Polizei wird das Regierungsviertel verstärkt bewachen. Denn nicht nur wegen des Sturms auf das Kapitol in Washington werden die Demos besonders beobachtet.

Die Exekutive befürchtet, dass Extremisten die Demos vereinnahmen könnten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung warnte, dass im Online-Dienst Telegram dazu aufgerufen wird, in den Nationalrat einzudringen oder ihn anzuzünden. Für den Protest am Samstag sollen laut Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) Links- und Rechtsextremisten mobilisieren.

Kommt es in Österreich zu einem Sturm auf den Nationalrat, kommen mehrere Delikte infrage, sagt der Strafrechtler Klaus Schwaighofer von der Universität Innsbruck. Entscheidend ist, ob das Gebäude leer steht, oder ob darin gerade eine Amtshandlung vorgenommen wird.

Bis zu zehn Jahre Haft

In den USA war im Kapitol die formale Bestätigung des Ergebnisses der US-Präsidentschaftswahl 2020 im Gange, als es gestürmt wurde. Diese wollten die Demonstranten auch verhindern. Bei einer ähnlichen Situation in Österreich, also wenn während der Attacke etwa gerade der Nationalrat tagt, könnte die "Nötigung eines verfassungsmäßigen Vertretungskörpers" (§ 250 Strafgesetzbuch) schlagend werden, sagt Schwaighofer. Darauf stehen bis zu zehn Jahre Haft.

Das Delikt zielt unter anderem auf Personen ab, die den Nationalrat oder die Bundesregierung nötigen oder hindern, "ihre Befugnisse überhaupt oder in einem bestimmten Sinn auszuüben". Die Täter müssen dabei mit Gewalt vorgehen oder damit drohen. Dass sie damit Erfolg haben, sei nicht erforderlich, sagt Schwaighofer. Es genüge bereits der Versuch.

Jedenfalls in Betracht komme der Hausfriedensbruch (§ 109 StGB), erklärt Schwaighofer. Strafbar macht sich auch, wer in "einen abgeschlossenen Raum, der zum öffentlichen Dienst bestimmt ist", eindringt. Darauf stehen bis zu drei Jahre Haft. Das gilt auch für den Fall, dass sich niemand im Gebäude befindet. Für eine Verurteilung muss der Eindringling aber eine von drei Voraussetzungen erfüllen.

Erstens: Er hat vor, dort Gewalt gegen eine Person oder Sache auszuüben. Zweitens: Er führt eine Waffe oder andere Gegenstände mit sich, um den Widerstand einer Person zu überwinden. Oder drittens: Er erzwingt sein Eindringen gemeinsam mit anderen Personen. Auch eine Gruppe, die keine Waffen mit sich führt und die den Nationalrat in einem friedlichen Protest besetzt, kann also nach Hausfriedensbruch bestraft werden. Nämlich dann, wenn sie ihr Eindringen erzwingt.

Weitere Delikte möglich

Hinzu kommen etwaige Delikte, die dann im Nationalrat verwirklicht werden könnten. Zu denken sei hier etwa an Sachbeschädigungen, Körperverletzungen, Brandstiftungen und Nötigungen, so Schwaighofer. Auch der Tatbestand "schwere gemeinschaftliche Gewalt" könne einschlägig sein, so der Strafrechtler.