Wifo-Experte: "Wo bleiben die Warnungen des Rechnungshofes?"
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Wien. "Kärnten wird reich", prognostizierte der verstorbene Ex-Landeshauptmann von Kärnten, Jörg Haider, 2007 beim Verkauf der Landesbank Hypo Alpe-Adria an die BayernLB. 2014 ist Kärnten noch immer reich - dank des Zukunftsfonds aus dem Hypo-Verkauf -, Österreich dagegen ist arm, weil jede Familie 5500 Euro quasi für das Hypo-Desaster zahlen muss, wie Grünen-Budgetsprecher Werner Kogler in der Nationalratssondersitzung vorgerechnet hat. 1,625 Milliarden Euro zahlten die Bayern 2007 für 50 Prozent und eine Aktie an der Kärntner Landesbank. Haider erhielt für das Land 809 Millionen Euro. 500 Millionen Euro aus dem Verkauf sind in dem sogenannten "Zukunftsfonds" gesperrt.
Mittlerweile wird die Liste jener, die eine Beteiligung des Landes Kärnten fordern, immer länger. Zuletzt hat dies auch Finanzminister Michael Spindelegger in eingemahnt: "Auch wenn es keine rechtliche Handhabe gibt: Aus meiner Sicht würde es der Anstand gebieten, dass Kärnten einen Beitrag leistet."
Allerdings dürfte das so einfach nicht werden, denn juristisch ist an den Zukunftsfonds nicht heranzukommen. Das sagen alle Experten. Von Verfassungsjuristen über Ökonomen gibt es dazu nur eine Aussage: "Keine Chance." Und Landeshauptmann Peter Kaiser hat bereits klipp und klar dargestellt, dass der Zukunftsfonds "unantastbar" sei. Man brauche das Geld als Reserve, denn Kärnten hafte für etwas mehr als 600 Millionen Euro bei der Hypo Österreich, der aus der Hypo Alpe-Adria herausgelöste und verkaufte handlungsfähige Teil der Kärntner Bank. Diese Haftungen laufen aber Ende des Jahres aus.
Landesrat Rolf Holub (Grüne) sagt dagegen zur "Wiener Zeitung": "Man muss über alles reden." Also auch darüber, ob die Kärntner einen Beitrag leisten? "Natürlich muss Kärnten etwas einbringen. Das könnte auch unser Know-how sein." Nicht nur Österreich sei arm, auch Kärnten. Das Land habe immerhin vier bis fünf Milliarden Euro Schulden.
Was Bankenexperten insgesamt kritisieren, ist die mangelnde Bankenaufsicht im Falle der Hypo. Und hier wird auch der Rechnungshof nicht geschont. "Wenn ein Land das Fünffache seines Budgets an Haftungen übernimmt, muss der Rechnungshof den Bund warnen, dass sich das auf das Gesamtbudget auswirken könnte", sagte etwa der Bankenexperte des Wirtschaftsforschungsinstituts, Franz Hahn, zur "Wiener Zeitung". Und er stellt auch die Frage, was der Lande-Rechnungshof hier nicht gesehen hat. Irgendjemand hätte wohl die Frage stellen müssen: "Kann Kärnten überhaupt solche Garantien geben?" Dieser Fall gebe aber die Möglichkeit insgesamt den Föderalismus neu zu ordnen, schlägt Wifo-Föderalismusexperte Hans Pitlik vor. Denn - so lauten jedenfalls Schätzungen von Bankinstituten - derzeit haften die Länder immerhin mit 50 bis 77 Milliarden Euro.
Hahn verweist etwa darauf, dass der Europäischen Union die wesentlich günstigeren Refinanzierungskosten der Landesbanken durch die Haftungsübernahmen der Länder immer schon ein Ärgernis waren. Man habe dann eingemahnt, dass die Landesbanken für solche Haftungen zahlen sollten. Diese Provisionen, die in Österreich für Haftungen gezahlt werden, betragen aber ein Promille der Haftungssumme. Das entspreche aber keineswegs dem Marktpreis, wie Hahn kritisch anmerkt.
Zuletzt hat die notverstaatlichte Hypo an Kärnten für das Jahr 2010 eine Haftungsprovision von knapp 20 Millionen Euro bezahlt - und das auch erst, nachdem das Land Kärnten die Zahlung eingeklagt hatte. Für 2011 wären 17 Millionen Euro fällig. Dieses Geld ist noch nicht ausbezahlt, die Hypo wartet auch hier eine Klage des Landes ab. Diese wird sehr wahrscheinlich kommen, denn wenn Landeshauptmann Kaiser nicht klagt, droht ihm im Land eine Amtshaftungsklage.
Ein tröstliches Wort dazu gibt es aber: Der Vertrag, der dem Land solche Haftungsprovisionen zusichert, wurde bereits gekündigt. Immerhin: Für die Jahre 2012 und folgende kann Kärnten definitiv kein Kapital mehr aus der Hypo ziehen.