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... das ist hier die Frage, mit der sich nun der Verwaltungsgerichtshof auseinandersetzen muss.
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1995 nominierte Österreich seine ersten Welterbestätten, darunter auch die Semmeringbahn. 1998 hat die Unesco sowohl die Bahn als auch deren umgebende Landschaft zum Welterbe der Menschheit erklärt - und zwar gleichwertig.
Dies bringt auch der Gründungsdirektor des Unesco-Welterbe-Zentrums, Bernd von Droste zu Hülshoff (er koordinierte damals das Prüfungsverfahren), zum Ausdruck: "Vor allem die Pionierleistungen, die im Zuge des Bahnbaues über den Semmering erbracht wurden, sowie die Qualität der Bauwerke, die bis heute den Hauptbetrieb über diese Eisenbahnstrecke ermöglicht, veranlassten das Unesco-Welterbe-Komitee zum einstimmigen Beschluss, die Semmeringbahn in das Welterbe der Menschheit‘ aufzunehmen. Aber auch die spektakuläre Gebirgslandschaft mit ihrer natürlichen Schönheit und die im Zuge des Bahnbaues entstandene Kulturlandschaft mit ihren zahlreichen Villen und Hotels war ein Grund dafür, dass nicht nur die Bahnstrecke selbst, sondern auch ihre umgebende Landschaft miteinbezogen und gleichfalls unter den Schutz der internationalen Staatengemeinschaft gestellt wurde."
Im Umweltverträglichkeitsgutachten (UVG) zum Projekt "Semmering-Basistunnel neu" heißt es hingegen unter anderem: "Zum Kulturgut Semmeringbahn, das als Welterbe eingestuft worden ist, ist festzuhalten, dass der eigentliche Trassenraum (die Kernzone) unverändert bleibt, die Funktion der Semmeringbahn auch erhalten bleibt und die Anordnung der Baustelle mit allen Neubaumaßnahmen (Brücke, Portalbereich, Neugestaltung der Uferzone der Schwarza mit erweiterten Retentionsraum und effizienterem Hochwasserschutz) sich in der Pufferzone befindet (außerhalb der Kernzone)."
Demnach wurde das gesamte UVP-Verfahren unter falschen Voraussetzungen durchgeführt. Denn anstatt die Beeinträchtigungen der gesamten Welterbestätte zu prüfen, wurden nur die Eingriffe in die Semmeringbahn, aber nicht jene in die umgebende Kulturlandschaft beurteilt. Dieser signifikante Fehler zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte UVG, sodass der UVP-Bescheid zu einem falschen Schluss kommt.
Es besteht sogar der Verdacht, dass diese Fehleinschätzung im UVP-Verfahren kein "Versehen" war, sondern dass das Welterbe "Semmeringbahn mit umgebender Landschaft" bewusst zugunsten des Tunnels auf ein Minimum reduziert wurde. Kann es sein, dass man das Welterbe des Semmerings ohne großes Aufsehen, möglicherweise sogar ohne Wissen des Unesco-Welterbe-Komitees, von 8861,66 Hektar auf 156,18 Hektar, also auf 1,76 Prozent (!) seiner ursprünglichen Fläche, minimalisiert hat?
Als das Wildschutzgebiet im Oman zugunsten von Erdölförderungen um 90 Prozent verkleinert wurde, erfolgte die Streichung aus der Welterbe-Liste der Unesco. Österreich läuft somit Gefahr, eine Welterbe-Stätte zu verlieren, sollte der UVP-Bescheid für den Semmering-Basistunnel nicht noch aufgehoben werden.