Minister oder ihre Vertreter aus fast allen 153 Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation (WTO) kommen ab diesen Montag in Genf zu einer Tagung über die sogenannte Doha-Handelsrunde zusammen. Vor der für eine Woche geplanten Begegnung hat es zahlreiche Appelle gegeben, sich zu einigen, damit die seit 2001 in der Hauptstadt des Emirats Katar begonnenen Gespräche zur weiteren Liberalisierung des Welthandels vielleicht doch noch abgeschlossen werden können.
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EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sieht in den Verhandlungen in Genf die wohl letzte Gelegenheit, die Gespräche über einen freien Welthandel zum Erfolg zu bringen. In einer am Sonntag in Brüssel verbreiteten Erklärung hieß es: "Das ist eine, vielleicht die letzte große Gelegenheit, entscheidende Schritte zum Abschluss der Doha-Runde zu machen". Die EU werde auf einen Erfolg dringen. Dafür seien aber auch Anstrengungen der anderen Industriestaaten und der sogenannten Schwellenländer wie Brasilien und Indien nötig.
Im Zentrum der Beratungen stehen zunächst der Abbau von Subventionen in der Landwirtschaft und die Senkung von Zöllen für Industrieprodukte. WTO-Generaldirektor Pascal Lamy erwartet, das nicht nur die armen Entwicklungs- sowie die Schwellenländer sondern auch die Industriestaaten von einer Einigung stark profitieren werden. Auch die gegenwärtigen Energie- und Lebensmittelkrisen könnten dadurch besser in den Griff bekommen werden.
Dagegen warnte die deutsche Wirtschaft vor einseitigen Zugeständnissen der Industriestaaten. Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach, der die deutschen Delegation leiten wird, sagte, es gebe noch reichlich Hindernisse und Risiken. Nötig sei, dass aufstrebende Volkswirtschaften wie Indien und Brasilien die Zölle auf Industriegüter senkten. EU-Handelskommissar Peter Mandelson sagte, die schwächelnde Weltwirtschaft brauche einen Erfolg, um wieder Vertrauen zu fassen. Die EU sei bereit, mehr zu geben als die armen Länder, werde aber nicht um jeden Preis einem Kompromiss zustimmen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatte dem Briten vorgehalten, europäische Interessen nicht hart genug zu vertreten.
Während die EU-Kommission für die Europäische Union verhandelt, sind auch die einzelnen Mitgliedstaaten vertreten. Grundsätzlich müssen alle WTO-Staaten einem Kompromiss zustimmen, Mehrheitsabstimmungen gibt es nicht.