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Weltraumlabor eröffnet eine neue Ära

Von Peer Meinert

Wissen

"Columbus" ist | +++ Am 6. Dezember startet Shuttle von Cape Canaveral. | Washington. (dpa) In der internationalen Raumfahrt wird in den nächsten Tagen ein neues Kapitel aufgeschlagen: Die Europäer kommen! Nach jahrelangem Warten startet am Donnerstag (6. Dezember) in Cape Canaveral in Florida das US-Shuttle "Atlantis" zur Internationalen Raumstation ISS - mit dem europäischen Weltraumlabor "Columbus" und dem deutschen Astronauten Hans Schlegel an Bord.


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"Damit geht für die Europäer die bemannte Raumfahrt eigentlich erst richtig los", schwärmt der 56-jährige Schlegel. Sein französischer Kollege Leopold Eyharts (50), der auch mitfliegt, spricht von einem "historischen Augenblick" - vor allem für die deutsche Wissenschaft steht einiges auf dem Spiel. Einen österreichischen Beitrag zu "Columbus" gibt es laut Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) nicht.

Das zum Großteil von EADS-Astrium in Bremen gebaute Labor der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) hätte schon im Jahr 2004 mit der Arbeit beginnen sollen. Doch als die Raumfähre "Columbia" am 1. Februar 2003 beim Eintritt in die Atmosphäre verglühte und alle sieben Menschen an Bord starben, wurden erst einmal alle Shuttle-Flüge auf Eis gelegt.

Skeptiker wollten das Labor fast schon abschreiben - 880 Millionen Euro wären in den Sand gesetzt gewesen. "Mit ,Columbus wird die ISS richtig international", heißt es bei der US-Weltraumbehörde NASA. Bisher geben vor allem Amerikaner in der Raumstation fast 400 Kilometer über der Erde den Ton an. Experten sehen das 13 Tonnen schwere Labor als Juwel der Wissenschaft: Sieben Nutzlastschränke für verschiedenste Forschungen sind fest eingebaut. Die Untersuchungen reichen von Medizin bis Materialforschung, von Grundlagenphysik der Flüssigkeiten bis zu Studien über Einzeller und wirbellose Tiere. "Nur die wissenschaftliche Kernfrage ist immer gleich", meint "Columbus"-Chefingenieur Rüdiger Kledzik aus Bremen: "Was passiert unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit?"

Bei einer "beinahe lebensnahen" Studienreihe gehe es etwa um Knochen- und Muskelschwund. "In der Schwerelosigkeit des Alls werden jeden Monat zehn Prozent der Muskelmasse des menschlichen Körpers abgebaut", sagt ein Experte. Für die Forscher von "Columbus" gebe es ein doppeltes Ziel: Erkenntnisse zur Bekämpfung der Krankheit zu gewinnen, etwa von Osteoporose - aber auch für künftige Langzeiteinsätze im All. Denn eine Reise zum Mars und zurück dauert zwei Jahre. Für das Problem Muskel- und Knochenschwund muss man eine Lösung finden.

Schwieriges Andocken

Doch zunächst muss "Columbus" erst einmal angedockt werden - eine Aufgabe, für die der gelernte Physiker und Bundeswehr-Fallschirmspringer Schlegel verantwortlich ist. Zweimal muss er, jeweils mit einem der US-Kollegen, während der elftägigen Shuttle-Mission hinaus ins All. Jeweils sechseinhalb Stunden dauern die Außeneinsätze, für die Astronauten bedeutet das Schwerstarbeit.

Ist "Columbus" erst einmal angedockt, kommt die große Stunde des französischen Astronauten-Kollegen Eyharts: Er darf als erster "Columbus" betreten. "Ich glaube, das wird ein sehr emotionaler Augenblick", sagt der Ingenieur. Während Schlegel wieder mit der "Atlantis" zur Erde fliegt, soll der Franzose für zwei bis drei Monate im All bleiben - um in "Columbus" zu experimentieren.