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Noch mehr Paradies? Ich wage es zu bezweifeln. Die blanke Schönheit im kühlenden Schatten der Palmen liegt in vollkommenem Anblick direkt vor mir, gleitet sanft in Wellen mir entgegen, sich immer wieder verlierend in feinkörnigem, weißem Sand.
Es war schon immer mein Wunsch, einige, wenn schon nicht alle, meiner Lebenstage in der traumhaften Südsee zu verbringen. Hier bin ich nun, knapp vor der return-to-paradise-beach, an der vermeintlichen Spitze des Glücks, am anderen Ende der Welt. Einsam in einer traditionellen Strand-fale aus Palmblättern, mit Blick auf eine nicht enden wollende Szenerie von Paradies, in welchem meine lauten Gedanken einzig von den brechenden Wellen in der Ferne übertönt werden.
Ich war noch nie so weit weg von meiner Heimat entfernt. Die grelle Sonne des pazifischen Ozeans und die feuchte Hitze lassen mein inneres Bewusstsein erstarken, dass es hier ganz, ganz weit weg sein muss.
Bleiben geht nicht: Paradies mit Ablaufdatum
So unendlich schön der Anblick, so unvermeidlich endlich die zur Verfügung stehende Zeit. Die Ewigkeit muss einfach das einzige Zeitmaß sein, das dem global Wunderbaren gerecht werden kann. Doch jetzt ist alles nur für kurz, raschest sind einige Abbilder zu erhaschen von dieser flüchtigen Einzigartigkeit. Ziemlich gleich danach sitzt der und die nervös Reisende schon wieder beengt im Flugzeug, das sie wieder pünktlich in jenes Nest zurückbefördert, aus dem sie sich trotz des Weltenwahns ausnahmsweise, auf eigenes Risiko, hinausgewagt hatten.
Anreisen, Verreisen, Abreisen: Der Kunst-Stoff von morgen
Die weite Welt hat schon immer die pure Faszination ausgelöst. Wie seit kurzem in Wien, wo das Erstaunliche rund um den Erdball im Weltmuseum, welch wunderbarer Name, gebündelt wird und neue Tiefsinnigkeit verursacht. Auf der anderen Seite der Welt richtet sich im Vergleich dazu der Fokus vorwiegend auf die Errungenschaft des Akts des Reisens an sich. Ja, und hier halte ich inne, so stark wurde der Akt des Reisens schon zur Errungenschaft, dass sich Kunsthäuser wie QAGOMA mit dieser Schnittstelle der Lebensabschnitte von verschiedenster Art und Dauer als vergänglich begangene Kunst auseinandersetzen. Gerade an einem Ort wie in Brisbane, Australiens drittgrößter Stadt, an der Einflugschneise ins pazifische Inselparadies. Im Blickfeld der Betrachtenden liegt anders als erwartet nicht so sehr das Ankommen oder Bleiben samt heldenhaft gemeisterter wie fotografisch festgehaltener Abenteuer in klassischen Abbildern der Welt, sondern tatsächlich vielmehr der eigentliche Akt des Reisens, der des grenzüberschreitenden Manövrierens. Das reisende Individuum wird nun als Protagonist auf einem neu als solch entdecktem Kunst-Stoff erkannt, sich bewegend in einem mit neuen Scheinwerfern global ausgeleuchteten Kunstraum ohne Aus- oder Eingang, beobachtet von mehr oder weniger gespannt blickenden Zuschauern, vernetzt, mit Glück und Tragik, die sich in solch Konstellation in historischer Tradition meist so eng ineinander verketten.
Angekommen, Gesetzt: TRAVELLERS dürfen hier auspacken
In einem grenzenlosen Kontinent wie Australien, der für die einfliegende Besucherschar so "angekommen" wirkt, der die Welt für sich und andere schon längst entdeckt haben muss und sich entspannt und "gesetzt" zeigt, ist nun nicht mehr die Welt an sich das so Interessante, sondern vielmehr die Mutigen, die sie bereisen. Hier, am unteren Ende der europäischen Weltkarte, richtet sich der faszinierte Blick auf TRAVELLERS an sich, weniger an ihren pompös aufskizzierten Reiserouten, von ihnen durchreisten und allgemein schon bekannt geglaubten Kulturen. Hier, auf der anderen Seite des Globus, lässt es sich so geographisch abgesichert gut über die Wertung geschichtsträchtiger Geschehnisse sinnieren, in der unüberbrückbaren Distanz der simultanen mehrstündigen Vergangenheit zu Metropolen der Alten und Neuen Welt, so nahe an der Datumsgrenze, so nahe am Morgen.
Zurückgeblickt: Wie bin ich überhaupt hierher gekommen?
Nachvollziehbar also, dass die Frage des Selbstverständnisses des reisenden Individuums gerade hier im Down Under so spürbar in einen globalen Kunstraum gestellt wird. TRAVELLERS, so trivial nennt sich auch der physische Raum i im obenerwähnten Museum. Die Besucherschar lässt er neu aufgespannten Kunst-Stoff entdecken, mit Vorstellungskraft auszumalen ist dieser dann jedoch selbst. Spannend. Sehr spannend. Denn jedes globetrottende Individuum, das es nach Australien geschafft hat, hat noch eine Menge Reise vor sich. Ganz zu schweigen von dem, was es an Reise schon hinter sich haben muss. Wenn es sich die Muße nimmt innezuhalten, zurückzublicken. Und das ausgerechnet hier, gleich neben dem weltgrößten Ozean, der mitten drin die Welt in ein Gestern und ein Morgen teilt.
Eingezogen: In den Kunstraum ohne zeitliche Zerrissenheit
Wie geht's nun weiter? Vielmehr: Wie gehe ich weiter? Kaum angekommen, kommt das Bleiben jetzt nun gar nicht mehr in Frage. Einzig das einziehen, in den globalen Kunstraum, um gesetzt auf die vielen Eindrücke vor mir und hinter mich zu blicken, alle frisch mit weißem Kunst-Stoff überspannt. Darauf male ich gedanklich die Weltreise auf, ihre einzelnen Akte. Erkenne, dass sich in diesem Licht meine Weltreise auch zur Zeitreise wandelt. Das hat was Gutes. Das Lösen von zeitlicher Zerrissenheit schafft im globalen Kunstraum angenehme Temperaturen, irgendwo scheint ja immer gerade die Sonne.
Einen Schritt weiter: Was bleibt ist Schönheit des und der Erblickten
Was nach dem Jetlag übrigbleibt: Die eigene Spiegelung der zeitlosen Weltreise in 6 Akten. Der Rahmen, den sie umfassen soll, die eigene Wertung der Schönheit des und der Erblickten. Vielleicht lässt sich auf diesem Kunst-Stoff ja auch etwas nervös stimmender Weltenwahn ausbügeln. In jedem Falle jedoch einfach Schönheit, zeitlose Schönheit vielfältigster Art, Schönheit in einem Satz: BEAUTIFUL YOU ARE.
Das Bleiben hat in diesem Raum jedenfalls keinen Platz, denn überall wohin ich reise: ich bleibe garantiert genau nur so lange, bis ich gehe.