Zum Hauptinhalt springen

Weltweit ins Gespräch kommen

Von Toumaj Khakpour

Politik

Der Markt an internationalen Community-Medien ist größer geworden.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wien. Weltweit empfangbare Medien, die in der eigenen Herkunftssprache senden, haben für viele Migranten an Bedeutung gewonnen. Für Menschen, die aus Regionen stammen, in denen die Pressefreiheit stark eingeschränkt ist, bieten die vielsprachigen Programme eine echte Alternative zu der Berichterstattung aus dem Herkunftsland.

"Ich schaue mir Sendungen von Al-Jazeera an, weil sie objektiver als andere TV-Anstalten aus dem arabischen Raum berichten", sagt Rima Al-Doukhi. Neben Al-Jazeera informiert sich die Diplom-Dolmetscherin auch über den arabischsprachigen britischen Sender BBC-Arabic: "Das Arabic-Programm der BBC ist unterhaltsam. Dazu gibt es einen Online-Stream, den ich mir alle zwei bis drei Tage im Internet ansehe. Im Vergleich zu Al-Jazeera sind die Nachrichten etwas einfacher gehalten."

Die Syrerin schätzt diese arabischsprachigen Sendungen, weil sie unabhängige Informationen aus der Region verbreiten und ein Gefühl von Vertrautheit fernab der alten Heimat in ihr wecken. "Für viele arabischstämmige Österreicher ist Al-Jazeera Nummer eins in Sachen Nachrichten und Unterhaltung auf Arabisch", sagt die 30-Jährige.

Nur scheinbar "neutral"?

Der Nachrichtensender befindet sich in Doha, der Hauptstadt des 1,6 Millionen Einwohner zählenden Staates Qatar am Persischen Golf. Neben der Hauptsparte Arabisch sendet das Nachrichtenunternehmen seit 2006 auch auf Englisch. Seit Herbst dieses Jahres wurde ein eigener Kanal namens "Al Jazeera Balkans" für die Region am Balkan ins Leben gerufen. Kommendes Jahr wird der Sender mit den Sprachen Türkisch und Swahili sein Programm erweitern.

Viele in Europa und Nordamerika lebende Migranten nutzen neben den heimischen TV-Programmen auch internationale Sender in ihrer Erst- oder Muttersprache. Manche stehen diesen Sendern auch kritisch gegenüber. Einer von ihnen ist der aus dem Iran stammende Bahman: "Internationale Sender wie Voice of America oder BBC-Farsi verfolgen ein politisches Ziel mit ihren Programmen: Sie präsentieren sich nach außen als scheinbar neutral. Wenn man die Sendungen öfters verfolgt, bemerkt man eine stark amerikanisch-britische Note in der Berichterstattung." Allerdings würden die westlich-geprägten Medien im Vergleich zu den iranischen Medienprodukten gute Sendeformate und kulturelle Programme produzieren, die sehenswert wären, fügt der 25-jährige Student hinzu.

Medien, die sich mit internationalen Themen in der Landessprache auseinandersetzen, haben sich besonders im anglo-amerikanischen Raum verbreitet. Die Briten sind mit dem BBC World Service, das einen Zuseherkreis von etwa 188 Millionen Menschen hat, der größte internationale Berichterstatter der Welt. Die Sendungen sind im Satelliten-Fernsehen empfangbar und können auch durch Online-Streams abgerufen werden.

Ein internationaler Hörfunk ist Radio France International, das durch die französische Regierung unterstützt wird. Das globale Radio produziert Sendungen für den Raum Afrika, den Nahen Osten und Asien. Es berichtet in Sprachen wie Russisch, Chinesisch oder Swahili.

Der schwedische Radio-Sender Sveriges Radio International wiederum produziert Beiträge in den klassischen Sprachen Englisch und Deutsch, aber auch auf Persisch und Kurdisch.

Ein Dialog "auf Augenhöhe"

In den USA hat der von der amerikanischen Regierung finanzierte internationale Sender Voice of America, eine bedeutende Funktion für "Diasporic Communities" eingenommen. Der über Satellit empfangbare TV-Sender geht in 44 Sprachen auf Sendung und betreibt parallel dazu eine Internetseite mit "Streams" und Nachrichten zum Tag. Das Sendezentrum befindet sich in Washington. Dort werden bis zu 1500 Programm-Stunden pro Woche produziert. Weitere Projekte aus Nordamerika sind Radio Canada International und das vom US-Kongress gestiftete Radio Free Europe.

In Deutschland bietet die Deutsche Welle eine Community-Plattform für Inhalte rund um den Globus an. Das weltweit empfangbare DW-TV betreibt zusätzlich dazu ein Internet-Portal und ein Satelliten-Radio, das in 30 Sprachen produziert wird. Für Johannes Hoffmann von der Deutschen Welle sind internationale Medien für das gegenseitige Verständnis wichtig: "Wir stellen Themen und Positionen zur Diskussion und bringen Menschen miteinander ins Gespräch - so stoßen wir den Dialog an und führen ihn auf Augenhöhe. Denn man muss voneinander wissen, um einander zu verstehen."

Die Deutsche Welle beschäftigt rund 1500 Mitarbeiter aus über 60 Ländern. Diese sollen vor allem ihre eigenen Perspektiven in die Berichterstattung miteinfließen lassen. Laut Hoffmann interessieren sich Informationssuchende für Nachrichten und Sichtweisen, die sie ergänzend oder alternativ zum heimischen Medienangebot nutzen können. Dies gelte ganz besonders für Länder mit Medienbeschränkungen. "Insbesondere in Ländern ohne freie Medien und in Transformationsstaaten finden international agierende Informationsanbieter ihr Publikum. Deshalb nutzen Menschen weltweit unsere Angebote."

Die Nutzung dieser Medienangebote konnte man von Europa aus zuletzt beim Arabischen Frühling in Ägypten und Tunesien miterleben. Als das Mobilfunknetz und der Internetzugang zeitweise außer Betrieb gegangen waren, erhielten die internationalen TV-Sender eine umso größere Bedeutung. Der Satelliten-Sender Al-Jazeera setzte den durch die ägyptische Regierung unterbrochenen Informationsfluss weiter fort und wurde zu einer der wenigen unabhängigen Quellen der Information für das In- und Ausland.