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Weltweite Hitzerekorde

Von Alexandra Grass

Wissen

Höchsttemperaturen auf der nördlichen Hemisphäre. Klimawandel oder natürliches Phänomen?


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Wien. Von milden Sommertemperaturen konnte in einigen Regionen der nördlichen Hemisphäre in den vergangenen Tagen keine Rede sein. So wurden in Montreal nahezu 37 Grad Celsius gemessen - ein Temperaturrekord seit Beginn der Aufzeichnungen. In Schottland wurde ein neuer Rekord mit 33 Grad aufgestellt. In Armenien waren es gar 42 Grad Celsius.

Ob diese Hochdruckgebiete einen natürlichen Prozess darstellen oder doch auf die vom Menschen gemachte (anthropogene) Klimaerwärmung zurückzuführen sind, ist allerdings selbst für Meteorologen nicht ganz eindeutig. Anhaltende Hitzeperioden sind sehr wohl ungewöhnlich, doch handelt es sich auch um global verteilte dynamische Prozesse, erklärt Alexander Orlik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (Zamg) im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Erwartete Extreme

"Kein einzelner Rekord für sich deutet auf eine globale Erwärmung hin. Doch insgesamt gesehen handelt es sich doch um Extreme, die wir angesichts der sich aufwärmenden Welt erwarten", beurteilte der US-Meteorologe Jason Samenow in der "Washington Post" die aktuellen Temperaturentwicklungen in Kanada, Nordeuropa und Eurasien.

Die Luftströmung bewegt sich in Wellenmustern entlang der Breitenkreise, erklärt Orlik dazu. Mal greifen die Wellen tiefer in den Süden dann wieder in den Norden hinein. Diese allgemeine Zirkulation, die sogenannten Rossby-Wellen, ist ein völlig natürlicher Vorgang. Die Erddrehung oder Luftüberströmungen wie etwa über das Gebirge führen zu diesen Richtungs- und Wellenveränderungen. In diesen Strukturen können Tief- und Hochdruckgebiete entstehen. Greifen die Luftmassen vom Norden in den Süden, wird es dort relativ kühl, greifen die von der Sonne erwärmten Luftmassen wiederum vom Süden in den Norden, wird es dort warm.

Dynamischer Prozess

Und gerät solch eine Welle einmal in einem begrenzten Gebiet ins Stocken, kommt es zu länger anhalten Klimaphänomenen wie eben Hitze- oder auch unerwünschten Regenperioden. Während es derzeit etwa in der östlichen Türkei und Armenien extrem heiß ist, verhält es sich von Zentralsibirien bis in die Mongolei hinein umgekehrt. Auch in Österreich war der Sommer in den vergangenen Tagen nicht wirklich spürbar. Im Waldviertel war es zuletzt sogar zu einstelligen Minimumtemperaturen gekommen, so der Experte. Im Westen war es dagegen schon wärmer.

"Momentan, das muss man vorausschicken, ist der höchste Sonnenstand. In den gemäßigten Breiten kommen daher jetzt die höchsten Temperaturen zustande", erklärt Orlik den natürlichen Prozess. Bestimmte Einflüsse können die Verlagerungsgeschwindigkeiten dieser Wellen verändern.

Ob das aktuelle Ereignis dem anthropogenen Klimawandel zuzuschreiben ist, sei schwer einschätzbar, da es auch interne Schwankungen in der atmosphärischen Zirkulation gibt. Es handelt sich um einen dynamischen Prozess, der sich selbst verstärken oder wiederum auch abschwächen kann. Dennoch sei vor allem die Entwicklung in der Arktis mit dem voranschreitenden Rückgang des Meereises ein treibender Faktor für solche Phänomene. Das Henne-Ei-Problem bleibt für die Klimaforscher allerdings nach wie vor bestehen.

Hierzulande ist in nächster Zeit auf jeden Fall keine derartige Hitzewelle zu erwarten, die mit der aktuellen Lage etwa in Kanada oder Schottland zu vergleichen wäre, urteilt der Meteorologe. Dennoch werden die Temperaturen in den nächsten Wochen wohl wieder etwas steigen. Immerhin ist ja auch der Sommer in vollem Gang.