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Wem sollten sie ihr Geld noch leihen?

Von Barbara Ottawa

Wirtschaft

Trotz der Krise vieler europäischer Staatsanleihen können und wollen die meisten Anleger diese Assetklasse nicht völlig vermeiden, und das mit Recht.


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Während diese Zeilen entstehen, kommt gerade eine Pressemitteilung der Deutschen Union Invest herein, die "einen Lichtstrahl am Horizont" der Staatsschuldenkrise und damit des Anleihen-Marktes sieht. Ob dieses Statement auch noch hält, wenn Sie dies hier lesen, weiß niemand. Hier ein Blick auf einige Strategien von institutionellen Investoren, wenn es derzeit um das Thema Anleihen geht.

Hände weg von traditionell gewichteten Staatsanleihenindizes, heißt derzeit die Devise bei den meisten Großanlegern. Gerade im deutschsprachigen Raum haben viele Versicherer, Pensionskassen und andere Versorgungseinrichtungen einen Anleihenanteil von 60 Prozent und mehr. Dieser war oft in entweder europäisch oder global diversifizierten Indizes investiert, die Länder mit der höchsten Schuldenlast am höchsten gewichteten. Deshalb suchen institutionelle Investoren entweder nach alternativen Indizes, oder sie stellen die Zusammensetzung des Anleihen-Portfolios wieder selbst zusammen, bzw. sie beauftragen einen Asset Manager.

Christoph Gort, Partner bei der Schweizer Investmenfirma Siglo, rät zum Beispiel in staatliche Anleihen jener Länder zu investieren, die über ein möglichst junges demographisches Profil verfügen, denn diese werden auch noch in ein paar Jahrzehnten genug Wertschöpfung liefern, um ihre Schulden zu begleichen. Insbesondere Indien, Brasilien, Mexiko und die Türkei seien attraktiv.

Einige institutionelle Investoren halten jedoch den Anleihenmarkt dieser und anderer Schwellenländer bereits für überlaufen. Falls die Schuldenkrise in Europa gelöst wird, würden sie lieber in ein paar Jahren in Anleihen europäischer "Schwellenländer" wie Griechenland und Italien investieren. Unterdessen füllen sie ihre Portfolios vor allem mit Unternehmensanleihen aus der ganzen Welt, zum Teil auch solchen, die nicht dem "Investment Grade"-Standard entsprechen und auch als "Junk", also "Ramsch" oder "High Yield" bezeichnet werden.

In den "Ramsch"-Status fallen alle jene Anleihen, die nach der Skala von Standard & Poor’s unter BBB liegen. Die Top-Note ist AAA, gefolgt von AA und A, danach liegt noch BBB im "Investment Grade"-Bereich. Alles andere ist "Junk", und diese Firmen und Staaten müssen höhere Zinsen zahlen, um sich am Kapitalmarkt Geld zu borgen.

Laut Gort ist diese Grenze "völlig willkürlich" gewählt und "entspricht nicht der ökonomischen Realität". Bereits bei BBB-Anleihen sei das Ausfallrisiko wesentlich höher als bei A-Anleihen.

Somit sieht Gort sehr gute Investmentmöglichkeiten im BB-Sektor, wo für nur geringfügig mehr Risiko als bei BBB-Anleihen deutlich höhere Zinsen erzielt werden können.

Natürlich können Investmenttipps für institutionelle Investoren nicht 1:1 auf Privatanleger umgelegt werden, vor allem wegen der unterschiedlichen Risikotragfähigkeit. Aber es können sich Trends ergeben, wie zum Beispiel überlaufene Anleihenmärkte im Investment Grade-Bereich, in dem viele institutionelle Anleger aus aufsichtsrechtlichen Gründen den Großteil ihrer Investitionen tätigen müssen.

Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.