Vor einem Jahr schien das österreichische Bankgeheimnis bis auf Weiteres einbetoniert. Inzwischen sind Österreich und die Schweiz aber in die Defensive geraten. | Hintergrund ist die Umbruchstimmung nach der Finanzkrise und in deren Fahrwasser die neuen Transparenzbestrebungen für die Finanzmärkte. Zwar beharrt Finanzminister Josef Pröll wie seine Kollegen aus der Schweiz und Luxemburg weiterhin auf dem Erhalt des Bankgeheimnisses. Das habe überhaupt nichts mit der Finanzkrise zu tun. Doch Zugeständnisse scheinen inzwischen unausweichlich.
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So hat sich die Rhetorik der Bankgeheimnisländer entsprechend geändert. Gesprächsbereit sind Pröll und der Luxemburger Finanzminister Jean-Claude Juncker nämlich schon seit Jahren. Doch wenn Juncker sich im Vorjahr noch auf "jahrelange faszinierende Debatten" freute, so betont Pröll jetzt nur noch, dass er den automatischen Austausch von Konteninformationen verhindern wolle - dazwischen liegen Welten.
Und das Problem ist vielschichtig: Zum einen verpflichtet die EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie alle Mitgliedstaaten außer Österreich, Luxemburg und Belgien zum automatischen Austausch aller Kontendaten untereinander. Die drei Ausnahmeländer heben dafür eine Quellensteuer zu Gunsten der Heimatländer der Konteninhaber ein. So halten es auch die Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino. Ungefährdet gegenüber einer Verschärfung der Richtlinie sah sich die Regierung in Wien damals zu Recht wegen der festgelegten Gegenseitigkeit. Das heißt, nur wenn sich die Schweiz bewegt, müssen auch wir uns bewegen. Das schien damals ausgeschlossen, 2013 könne man das nächste Mal darüber reden, hatte es aus Bern geheißen.
Ganz anders stellt sich die Situation heute dar. Unter dem massiven Druck der USA ist bei den Schweizern die Panik ausgebrochen. In einer zwar rechtlich argumentierbaren, aber bis dahin beispiellosen Aktion mussten die Eidgenossen bereits die Daten von 300 US-Konteninhaber des Branchenriesen UBS offenlegen. Mehr als 52.000 weitere will Washington haben. Dabei kommen die Amerikaner über eine andere Türe herein: Es geht um die Amtshilfe, die auch schon EU-Steuerkommissar Laszlo Kovacs als Hebel entdeckt hat. So schlug er vor, dass alle EU-Länder die Kontendaten von Bürgern anderer Mitgliedstaaten auf Anfrage der jeweiligen Steuerbehörden preisgeben müssten. Inländer könnten weiterhin ein Bankgeheimnis haben, wie es in Österreich und Luxemburg gilt.
Ganz Ähnliches verlangt vor allem Deutschland unter Berufung auf OECD-Standards auch von der Schweiz vehement. Und mit der neuen Qualität der Gesprächsbereitschaft allein dürfte es nicht getan sein. Der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück fordert mit starkem Rückenwind konkretes Einlenken und winkt mit einer neuen Schwarzen Liste.
In diesem Zusammenhang dürfte mit Steinbrück auch nicht gut Kirschen essen sein: Deutsche Finanzminister fühlen sich seit längerem dadurch gedemütigt, dass Bankhäuser in kleinen westösterreichischen Gebirgstälern unverblümt mit ihrer besonderen Diskretion werben und betuchte deutsche Kunden anlocken. So wie der streitbare Politiker in den vergangenen Monaten die Liechtensteiner Steueraffäre genutzt hat, um das Fürstentum massiv unter Druck zu setzen, baut Steinbrück in Zusammenhang mit Ländern wie Österreich und der Schweiz nun auf die Finanzkrise und die Forderung der G-20-Staaten nach mehr Transparenz.