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Wende im Streit um Bankgeheimnis

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Wirtschaft
Im Ringen um das Bankgeheimnis bekommt Österreich nun Rückendeckung. Foto: bbox

Kernbedingung Wiens wäre erfüllt. | Schweden präsentieren neue Strategie. | Brüssel. Die Finanzminister haben die große Schlacht um die Aufhebung des Bankgeheimnisses zwar erst einmal um ein Monat verschoben. Dennoch zeichnete sich in der Nacht auf Donnerstag eine radikale Kehrtwende der Diskussion ab. Denn ein zirkulierter Kompromissvorschlag des amtierenden EU-Ministerratsvorsitzenden Anders Borg aus Schweden kommt den Bedingungen Österreichs und Luxemburgs weit entgegen.


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Die beiden sollten nur dann ihr Bankgeheimnis ganz aufgeben müssen, wenn das die Schweiz, Liechtenstein, Andorra, Monaco und San Marino ebenfalls machen, heißt es sinngemäß in dem schwedischen Papier, das der "Wiener Zeitung" vorliegt.

Damit wäre die Kernforderung des Wiener Finanzministeriums nach gleichen Wettbewerbsbedingungen erfüllt. Wenig überraschend sagte der österreichische Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka nach dem Treffen mit den EU-Kollegen, er hätte dem Kompromissvorschlag zustimmen können. Auch der Luxemburger Haushaltsminister Luc Frieden äußerte sich vorsichtig wohlwollend.

Auf Jänner vertagt wurden die Verhandlungen dem Vernehmen nach, weil Großbritannien dagegen war und Frankreich das Vorgehen noch einmal überdenken wollte.

Druck auf die Schweiz

Hintergedanke der neuen Strategie ist es freilich weiterhin, das Bankgeheimnis endgültig auszuschalten. Österreich und Luxemburg sollen zum regelmäßigen und automatischen Austausch ihrer Informationen über ausländische Konteninhaber mit den anderen EU-Staaten gezwungen werden. Bisher war die Bedingung dafür laut der sogenannten Zinsbesteuerungsrichtlinie, dass die Schweiz und die anderen vier europäischen Nicht-EU-Staaten mit der EU OECD-konforme Verträge abschließen, die den Informationsaustausch auf Anfrage gewährleisten. Dafür haben sie sich bereits grundsätzlich verpflichtet.

Entsprechend des schwedischen Vorschlags müssten sie darüber hinaus zum automatischen Austausch ihrer Konteninformationen übergehen, damit diese Verträge auch in Kraft treten können. Luxemburg und Österreich bekämen zugestanden, die OECD-konformen Abkommen sonst blockieren zu dürfen.

Damit ergäbe sich für die Schweiz eine unkomfortable Lage. Es werden Erinnerungen an den EU-Gipfel im portugiesischen Städtchen Santa Maria da Feira im Jahr 2000 wach, damals machten die EU-Staats- und Regierungschefs einen Kompromiss über die derzeitige Zinsbesteuerungsrichtlinie davon abhängig, dass auch die Regierung in Bern ihn akzeptiert und anwendet.

Sogar EU-Sanktionen gegen die Eidgenossen sollen in der Folge im Gespräch gewesen sein, um beim Schweizer Bankgeheimnis den Fuß in die Tür zu bekommen. Im Grunde greifen die Schweden mit ihrem Kompromissvorschlag auf denselben Mechanismus zurück, die Schweiz könnte dem massiven politischen Druck auf Dauer nicht standhalten, so das Kalkül.

Nicht betroffen wäre durch den Kompromiss im Übrigen die zweite Bedingung für die endgültige Aufgabe des österreichischen Bankgeheimnisses: Die Mitgliedsstaaten müssten noch einstimmig feststellen, dass auch die USA beim Informationsaustausch in Steuerfragen OECD-Standards erfüllen.

Bis dahin dürfte Österreich an seiner bisherigen Praxis festhalten. Statt des automatischen Informationsaustausches, den fast alle EU-Länder praktizieren, hebt es wie die Schweiz und Luxemburg eine Quellensteuer von derzeit 20 Prozent zu Gunsten des Herkunftslandes des Kontoinhabers ein.

Ihr Bankgeheimnis abgeschwächt haben alle genannten Länder bereits dadurch, dass heuer der Informationsaustausch auf Anfrage bei Steuerdelikten nach OECD-Standards in die Wege geleitet wurde.