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Wenig Begeisterung für die neue Ost-Partnerschaft

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

"Große" sagen ab, Streit mit Moskau. | Brüssel/Prag. Mit der sogenannten Ost-Partnerschaft, die am Donnerstag in Prag besiegelt werden soll, will die EU sechs Nachbarländern im Osten der Union entgegenkommen. Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, der Ukraine und Weißrussland werden engere und regelmäßigere Kooperation und mittelfristig eine Freihandelszone sowie Visa-Erleichterungen in Aussicht gestellt. Die EU hofft auf sicherere Energielieferungen.


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Damit begibt sich die Union in ein gefährliches Spannungsfeld. Denn fast alle der Partnerländer sitzen auf ungelösten territorialen Konflikten, bei denen Russland eine Rolle spielt. Darüber hinaus hat Moskau ohnehin gar kein Verständnis für die neue Initiative und wittert dahinter die geplante Ausweitung einer EU-Einflusssphäre.

Das liege daran, dass die russischen Eliten immer noch von einer "postsowjetischen Mentalität" geprägt seien, erklärt Cornelius Ochmann, Osteuropaexperte der Bertelsmann Stiftung. Völlig unverständlich sei ihnen, dass Länder wie Weißrussland, die Ukraine oder Georgien nicht mehr zu ihrem unmittelbaren Einflussbereich zählen könnten. Die neue Ost-Partnerschaft werde in Moskau bereits als Ersatz für die vorläufig auf Eis gelegte Nato-Erweiterung um die Ukraine und Georgien angesehen, skizziert der Experte die russische "Überreaktion". So müsse die EU künftig zweigleisig fahren, denn Russland sei künftig als Partner unverzichtbar. Nicht leicht zu erklären sei den Russen allerdings, dass sie als Partner mit gleichen Regeln spielen müssten.

Besonders wenig Verständnis dürfte Moskau dafür bei den festgefahrenen Konflikten in Georgien und Moldawien zeigen, wo die abtrünnigen Gebiete offen vom russischen Militär unterstützt werden. Das sind Abchasien und Süd-Ossetien am Kaukasus und Transnistrien an der Moldau. Auch die Ukraine, die eigentlich mittelfristig auf eine EU-Mitgliedschaft schielt, ist zerrissen; der Osten des Landes sympathisiert deutlich mit Russland. Untereinander zerstritten sind Aserbaidschan und Armenien um das Gebiet von Nagorny-Karabach.

Schlechte Vorzeichen

Ein Sonderfall ist der Umgang mit dem autoritären weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko. Er wurde zum Prager Treffen nicht persönlich eingeladen und schickt jetzt den weitgehend unbekannten Vizepremier Wladimir Semaschko.

Schwierig dürfte der Auftakt für die neue Ost-Partnerschaft auch wegen mangelnder politischer Unterstützung durch die meisten großen EU-Länder werden. So hätten der britische Premier Gordon Brown, der französische Präsident Nicolas Sarkozy und der spanische Regierungschef Jose Luis Zapatero bereits abgesagt, hieß es in Ratskreisen. Laut Ochmann hat auch der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi bis Dienstag noch nicht zugesagt. Das sei "symbolisch ein schlechtes Zeichen", so der Experte. Als fix gilt lediglich die Teilnahme der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auch der Österreicher Werner Faymann wird teilnehmen.

Wie vorsichtig die EU sich verhält, zeigen auch die Streitereien um den genauen Text der gemeinsamen Auftakterklärung in Prag. So stoßen sich einige EU-Länder inklusive Österreich an der Formulierung "europäische Länder" für die neuen Partner, weil das eine langfristige Beitrittsperspektive beinhalte. Deutschland will die Visa-Liberalisierung höchstens als "langfristiges" Ziel zugestehen.