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Wenig Rücklauf bei ÖGB-Befragung

Von Ina Weber

Politik

58.328 Fragebögen kamen zurück. | Für Filzmaier Beweis für Grundsatzproblem des ÖGB. | Wien. Am Freitag lag nun das etwas triste Ergebnis der bundesweiten Befragung zur ÖGB-Reform am Tisch: Nur 4,4 Prozent, gemessen an den 1,3 Millionen Mitgliedern, nahmen daran teil - miteingerechnet sind die 2333 Nicht-Mitglieder, die ebenfalls ihre Reform-Wünsche nannten.


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Das Ergebnis: 67 Prozent sind mit der Arbeit der Gewerkschaft "eher zufrieden" oder "sehr zufrieden". 72 Prozent der Befragten hatten angegeben, dass ihnen die Abschaffung von Mehrfachfunktionen "sehr wichtig" sei. Weiters "sehr wichtig" sind für 61 Prozent "mehr direkte Demokratie und Mitbestimmungsmöglichkeiten". Auch wünschten sich 69 Prozent "mehr Transparenz und durchschaubare Strukturen".

Nutzen: "Gesellige Veranstaltungen"

Bei der Frage, welchen Nutzen die Befragten aus der Tätigkeit des Betriebsrates beziehungsweise der Personalvertretung schon einmal hatten, kreuzten 52 Prozent "gesellige Veranstaltungen" an, 49 Prozent nannten das "Aushandeln und Kontrolle von Betriebsvereinbarungen".

Eine Konsequenz liegt für ÖGB-Präsident Rudolf Hundstorfer bereits auf der Hand: Künftig soll es für Spitzenfunktionäre nur mehr ein einziges Einkommen neben dem Bezug des ÖGB geben. Das gelte auch für ihn. Sollte er im Jänner beim ÖGB-Bundeskongress zum ÖGB-Präsidenten gewählt werden, werde er seinen Vorsitz im Wiener Gemeinderat zurücklegen.

Wegen "No-na-Fragen" nicht mitgemacht

Trotz des geringen Anklanges der vom ÖGB groß angekündigten Befragung plädierte Hundstorfer dafür, die Befragung ernst zunehmen. Er gestand jedoch ein, dass er mit seinen zuvor geäußerten 250.000 Personen, die an der Befragung teilnehmen werden, zu hoch gegriffen habe. "Ja, das war sicher ein Fehler von mir, zu sagen, das werden so und so viele sein." Ein gewisser Teil habe nicht mitgemacht, weil sie geglaubt haben, die Fragen sind so genannte "No-na-Fragen", meinte der Präsident.

"Kein Grund zur Panik" heißt es aus ÖGB-Kreisen. Auch der Politologe Peter Filzmaier gibt Entwarnung. Eine extrem hohe Beteiligung sei auch nicht zu erwarten gewesen. Allerdings stehe der geringe Rücklauf sehr wohl für ein Grundsatzproblem des ÖGB: "Die Gewerkschaft schafft es offenbar nicht, mit ihrer Zielgruppe in Kontakt zu treten", meinte Filzmaier.

Die Gruppe jener, die gar keine Beziehung mehr zum ÖGB haben, werde immer größer. Langfristig könnte der ÖGB mehr als Servicestelle mit "fachkompetenten Experten" punkten - wie etwa die Kammern - als sich auf tagespolitische Diskussionen einzulassen. Die Trennlinie müsste schärfer gezogen werden.

"Nach 55 Jahren teile ich Austritt mit"

Immerhin: 33.139 Fragebögen enthalten 78.812 Einzelvorschläge mit Kommentaren zur ÖGB-Reform. Der Themenbereich "Allgemeine Kritik/Appell an Gewerkschaft" etwa beinhaltet die Aufforderungen nach einer schonungslosen Aufklärung der Vorkommnisse rund um die Bawag. "Rastlose Aufklärung und Aufdeckung aller Verantwortlichen und Verbindlichkeiten - erst dann ist ein Neustart möglich", lautet eine Rückmeldung. Oder: "Wenn die ÖGB-Bosse nicht so abgehobene, geldgierige Bonzen wären, müssten sie eigentlich wissen, was die Aufgaben und Pflichten des ÖGB wären." "Nach 55 Jahren Mitgliedschaft teile ich Ihnen meinen Austritt mit."

Ein Mitglied fasste viele Wünsche zusammen: Sicherung der Arbeitsplätze, Arbeitsverbot an Sonntagen, Anrechnung der Kinderbetreuungszeiten und Pension ab 40 Arbeitsjahren.