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Wenig Strahlkraft bei Arabiens Jugend

Von WZ-Korrespondentin Birgit Svensson

Politik

75 Prozent der Jugendlichen im Nahen und Mittleren Osten stehen laut Umfrage dem IS ablehnend gegenüber - sie sehnen sich nach politischer Stabilität und besseren Zukunftsperspektiven.


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Bagdad. Drei von vier Jugendlichen in den arabischen Ländern lehnen die Terrorgruppe "Islamischer Staat" ab. Sie wollen Stabilität und sorgen sich um die hohe Arbeitslosigkeit, die ihnen keine Zukunft bietet. Für die Studie "Arab Youth Survey" wurden 3500 junge Araber und Araberinnen in 16 Ländern im Alter von 18 und 24 Jahren befragt. In den Gebieten, in denen der IS operiert, wie in Nordafrika, Ägypten und dem Irak, ist die Ablehnung am stärksten. Syrien blieb allerdings von der Umfrage ausgeschlossen.

Seit dem Jahr 2008 lässt die Agentur ASDA’A Burson-Marsteller in Dubai jedes Jahr die Meinung junger Leute erforschen, die die Mehrheit in den Gesellschaften im Nahen und Mittleren Osten stellen. Nahezu überall ist mehr als die Hälfte unter 25 Jahre alt. Jugendliche prägen das Bild am Nil, im Irak und auch am Golf. Wie also blicken diese jungen Menschen auf ihre Region?

Die zentrale Aussage der diesjährigen Studie: "Die überwältigende Mehrheit der jungen Araber lehnen den IS ab und sind überzeugt, dass die Gruppe mit dem Ziel, einen islamischen Staat zu errichten, scheitern wird", heißt es in dem Bericht. Auf die Frage, ob sie den sogenannten Islamischen Staat unterstützen würden, wenn die Miliz weniger Gewalt anwenden würde, gaben 78 Prozent "Nein" an. Fast genauso viele widersprachen der Aussage, wonach es dem IS gelingen wird, einen islamischen Staat in der arabischen Welt zu errichten.

Problem Arbeitslosigkeit

Die Hälfte der Befragten ist überzeugt, dass der Aufstieg der Terrorgruppe "das größte Hemmnis im Nahen Osten" ist, während Arbeitslosigkeit und zivile Unruhen von 35 und 34 Prozent genannt wurden. Dies seien Gründe, warum junge Menschen dem IS beitreten. Vor fünf Jahren noch gingen hunderttausende vornehmlich junge Menschen in ihren Städten auf die Straße, um politische Veränderungen zu fordern. Viele, die an den Aufständen in Ägypten, Syrien, Libyen, Jemen und anderswo teilnahmen, mussten mitansehen, wie ihre Revolutionen von Konflikten oder wieder auflebenden autoritären Systemen verdrängt wurden.

Despoten und Diktatoren sitzen nach wie vor oder erneut an den Schalthebeln der Macht im Nahen und Mittleren Osten; Proteste lassen sie sofort im Keim ersticken. Die Jugendlichen müssen zusehen, wie ihre Ideale von Demokratie, Bürgerrechten und Freiheit ins Gegenteil verkehrt werden. Der IS nutze diese Situation zur Rekrutierung neuer Mitglieder, sagt Hassan Hassan vom "Tahrir Institute for Middle East Policy" in Washington in einem Kommentar zum vorliegenden Bericht. "Die Organisation floriert wegen des politischen, wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Versagens.

Die Terrorgruppe Daesh könnte schwächer werden und ganz verschwinden, aber die tiefer liegenden Probleme bleiben, und ähnliche Gruppen werden ihren Platz einnehmen, wenn die Probleme nicht angegangen werden", so Hassan Hassan. Und er fügt hinzu: "Die Ergebnisse der Studie sollten eine Mahnung an alle sein, dass Daesh nicht einfach vom Himmel gefallen ist."

Die Sorge um ihre eigene Zukunft ist bei den Befragten daher allgegenwärtig. Laut der Studie sind 37 Prozent der jungen Araber der Ansicht, ihre Länder böten ihnen keine guten Berufsaussichten. Im Bürgerkriegsland Jemen sind dies sogar 82 Prozent, im politisch stabileren Tunesien immerhin noch 56 Prozent. Deshalb sei es keine Überraschung, dass die Mehrheit der Befragten sagt, sie schätzte die "Förderung der Stabilität der Region" stärker als die "Förderung von Demokratie", sagt Sunil John, Gründer und Präsident von ASDA’A, dem Initiator der Studie. Mehr als 200 Millionen junge Menschen leben im Nahen Osten und in Nordafrika. "Sie sind immer engagiert, aber auch oft frustriert. Sie sind entweder der größte Gewinn für die Region oder aber die größte Bedrohung", so John.

Deutliche Unterschiede treten bei der Befragung in der Einstellung gegenüber den USA zutage. Während in den Golfstaaten rund 85 Prozent Amerika als Verbündeten betrachten, sehen 93 Prozent der jungen Iraker das Land als Gegner an. Einig ist sich die Jugend dagegen in der Frage nach dem Stellenwert der Religion. Sie habe "ein zu großes Gewicht", meinen die meisten. So sagen 17 Prozent, dass die Trennung zwischen Sunniten und Schiiten und andere interreligiösen Spannungen den Anschluss an den IS bewirken, 15 Prozent machen dafür die Ausbreitung säkularer westlicher Werte in der Region verantwortlich. Trotz aller anderen Probleme bleibe der IS die größte Herausforderung in der arabischen Welt, meinen 50 Prozent der Befragten - ein Plus von 13 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.