Die Arbeitsunfall-Rate sank um 6Prozent auf 28,23 pro 1000 Versicherte.
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Wien. "Vorbeugen ist immer besser als heilen", sagte Christoph Leitl, Präsident der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), am Donnerstag vor Journalisten und leitete damit die Präsentation der aktuellen Arbeitsunfallstatistik ein. Ist doch demnach die Rate der Arbeitsunfälle pro 1000 Versicherte 2011 gegenüber 2010 von 30,02 auf 28,23 zurückgegangen - aufgrund verstärkter Prävention, wie Leitl betonte. "Das bedeutet eine Senkung um fast sechs Prozent", ergänzte Renate Römer, Obfrau der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA).
Insgesamt wurden im Vorjahr 109.408 Arbeitsunfälle von Erwerbstätigen gemeldet, im Jahr davor waren es um 1563 mehr. Am höchsten ist die Unfallzahl in der Wirtschaftsklasse Warenerzeugung (22.235 Fälle), gefolgt von der Baubranche (18.041 Fälle). Zu den am meisten gefährdeten Berufsgruppen zählen Industriemechaniker und -schlosser.
Warum es zu dem Rückgang kam, erklären Leitl und Römer so: "Österreichs Betriebe investieren 2,6 Milliarden Euro in den Arbeitsschutz." 1,3 Milliarden Euro seien Beiträge an die Unfallversicherung, etwa gleich viel fließe in Präventionsmaßnahmen.
"Gleichzeitig sind Sicherheitsbewusstsein und Stand der Technik in den Betrieben gestiegen", ergänzt Eva-Elisabeth Szymanski, Leiterin des Arbeitsinspektorats im Sozialministerium, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Jährlich gebe es rund 60.000 Kontrollen. Wird der Arbeitnehmerschutz nicht eingehalten, drohen bis zu 14.530 Euro Strafe.
Gesetzesänderung gefordert
Das alles reduziere die Zahl der Arbeitsunfälle - nicht rückläufig sind hingegen die Freizeitunfälle. Hier setzen Kritik und Forderung der AUVA an: Gesetzlich ist sie nämlich lediglich zur Behandlung von Arbeitsunfällen verpflichtet, diese machen laut Leitl aber nur noch zwölf Prozent aller Behandlungsfälle in AUVA-Spitälern aus; 88Prozent sind Freizeitunfälle.
Ein Ungleichgewicht, das die AUVA künftig nicht mehr akzeptieren will. Zahlt sie doch laut Leitl einen jährlichen Pauschalbetrag von rund 190 Millionen Euro für jene Arbeitsunfälle, die in öffentlichen und nicht Unfallspitälern behandelt werden. "Für die Behandlung von Freizeitunfällen in Unfallspitälern werden aber bei weitem nicht die tatsächlichen Kosten erstattet."
Dadurch entstehe ein "Guthaben" der AUVA bei den Gebietskrankenkassen und Ländern von 280 Millionen Euro im Jahr. Die Forderung der AUVA: 70 Millionen Euro davon sollen Klein- und Mittelbetrieben gegeben werden, um diesen die Entgeltfortzahlung bei Unfällen bzw. Krankenständen zu 100 Prozent ab dem 10.Arbeitstag zu ersetzen. Derzeit werden sie zu 50 Prozent ersetzt. Die Industriellenvereinigung schloss sich der Kritik an.
Um die Forderungen zu erfüllen, müsste das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert werden. Derzeit ist das allerdings nicht Teil des Arbeitsprogramms der Regierung, hieß es beim Gesundheitsministerium. Ändert sich nichts an der jetzigen Lage, "muss man eben ernsthaft über eine verpflichtende Freizeitunfall-Versicherung für unselbständig Erwerbstätige nachdenken", so Leitl. Die monatlichen Beträge würden dann knapp unter zehn Euro liegen.
Leitl und Römer forderten zudem die Einbindung der AUVA-Krankenanstalten in den Reformprozess des Gesundheitssystems, um Synergien durch Spezialisierung zu nutzen. Die Unfallkrankenhäuser etwa seien auf die Behandlung von Verbrennungsopfern spezialisiert: 95 Prozent von ihnen würden nach sechs Wochen geheilt entlassen.