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Weniger Autonomie der Gemeinden

Von Karoline Mitterer

Gastkommentare

Durch den neuen Finanzausgleich werden die Transferbeziehungen zwischen Gemeinden und Ländern gestärkt. Das bedeutet, dass die finanzielle Abhängigkeit der Gemeinden von den Ländern weiter steigen wird.


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Die Gemeinden sind mit den Ländern und dem Bund offiziell gleichberechtigte Verhandlungspartner im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen. Durch den Abschluss des ab 2017 geltenden neuen Finanzausgleichsgesetzes (FAG) zeigt sich aber eine Fortführung des seit längerer Zeit verfolgbaren Trends im Finanzausgleich, verstärkt Kompetenzen in Bezug auf Gemeinden vom Bund auf die Länder zu verlegen.

Den Ländern werden also mehr Entscheidungsbefugnisse bei Gemeinde-Bedarfszuweisungen und weiteren Förderungen eingeräumt als bisher. So wurden die Bedarfszuweisungsmittel aufgestockt, die von den Ländern nach eigenen Regeln verteilt werden können. Neu eingerichtet wurden zudem länderweise Fonds für Eisenbahnkreuzungen, die künftig ebenfalls nach landeseigenen Regeln verteilt werden. Und hat zur Folge, dass die Bundesländer das Finanzausgleichsgesetz mehr oder weniger aushebeln.

Neue Verwendungszwecke

Die Gemeinde-Bedarfszuweisungen werden um weitere Verwendungszwecke, wie zum Beispiel Gemeindekooperationen oder Förderungen für strukturschwache Gebiete, erweitert. Bereits derzeit besteht ein sehr umfangreiches Förderwesen durch die Länder mit den bestehenden Gemeinde-Bedarfszuweisungen für Haushaltsausgleich und Investitionszuschüsse. Hinzu kommen noch Landesförderungen, wie beispielsweise im Kinderbetreuungsbereich oder auch die Mittelvergabe im Rahmen der Siedlungswasserwirtschaft oder beim Katastrophenfonds.

Im Zusammenhang mit den nun aufgestockten Mitteln ist zu befürchten, dass die Gemeinden stärker von den Förderungen der Bundesländer abhängig sein werden. Auch die Transaktionskosten für die zusätzlichen Förderungen werden aufgrund des höheren Verwaltungsaufwandes durch das Antragswesen weiter ansteigen.

Noch nicht endgültig ausformuliert ist der Aspekt der Aufgabenorientierung, um einen Lastenausgleich herbeizuführen. Ein Teil der Mittel innerhalb eines Finanzausgleichs sollte lastenabhängig verteilt werden. Wer also mehr Aufgaben hat, der soll zukünftig auch mehr Mittel bekommen. Mit dem neuen Gesetz wurden die Bereiche Kinderbetreuung und Pflichtschule als Pilotprojekte festgelegt und damit zaghafte Schritte in Richtung Aufgabenorientierung gesetzt.

Diskussionen bis Herbst 2017

Die Verteilung der Mittel auf die einzelnen Gemeinden ist dabei noch weitgehend offen. Es wird nur generell von quantitativen und qualitativen Parametern gesprochen. Ebenfalls ungeklärt ist die zu verteilende Summe. Das konkrete Modell soll bis September des kommenden Jahres ausgestaltet werden und dann ab 2018 per Verordnung gelten.

Zu hoffen ist, dass die Gemeindemittel für die Aufgabenorientierung nach bundesweit einheitlichen Schlüsseln vergeben werden und es nicht zu eigenen Vergaberegelungen je nach Bundesland kommt. Das würde die bereits jetzt bestehenden Unterschiede im Versorgungsniveau bei der Kinderbetreuung in den einzelnen Bundesländern weiter verschärfen.

Der Ressourcenausgleich auf Gemeindeebene, also der Ausgleich zwischen finanzkräftigen und finanzschwachen Gemeinden, wird nun ausschließlich den Ländern überlassen. Bereits bisher haben die Umlagen, dies betrifft vor allem die Ko-Finanzierung der Gemeinden an Gesundheits- und Sozialaufgaben der Länder, eine stark ressourcenausgleichende Wirkung. Für die Gemeinden als Betroffene sind auch mit der Neugestaltung des Ressourcenausgleichs erneut keine Mitgestaltungsrechte vorgesehen.

Reform in weiter Ferne

Die bereits jetzt stark differierenden länderinternen Finanzausgleiche werden noch weiter an Bedeutung gewinnen, und es wird dadurch zu einem zunehmenden Ungleichgewicht der Gemeinden je nach Bundesland kommen. Auch sind weitere Verschiebungen von Finanzmitteln von den Städten auf Kleinst- und Kleingemeinden nicht ausgeschlossen. Eine gesamtheitliche Reform des Finanzausgleichs, welche ein bundesweit einheitliches Gleichgewicht zwischen Ressourcenausgleich und Lastenausgleich schafft, rückt damit noch weiter in die Ferne.

Ein moderner Finanzausgleich sollte ein gutes Zusammenspiel von Ressourcen- und Lastenausgleich aufweisen. Mit dem neuen Finanzausgleich ist jedoch zu befürchten, dass der bundesweit einheitliche Finanzausgleich gegenüber den länderinternen an Bedeutung verlieren wird. Bereits bisher wurden die mit dem bundesweiten Finanzausgleich bezweckten Verteilungswirkungen auf die Gemeinden durch die länderinternen Finanzausgleiche umgekehrt (siehe Grafik).

Chance vertan

Die Chance, diese beiden wichtigen Finanzausgleichselemente enger zusammenzuführen, wurde mit der Einigung, die ab 1. Jänner 2017 gilt, nicht genutzt. Vielmehr zeichnet sich eine weitere Aufspaltung ab. Es ist nur zu hoffen, dass die Länder ihre individuellen Finanzausgleiche in Zukunft verstärkt nach fachlichen und finanzwissenschaftlichen Aspekten gestalten, die Transfers besser nachvollziehbar machen sowie die Transparenz der Transfers deutlich erhöhen.

In Summe ergibt sich für die Gemeinden, dass die Länder immer wichtigere Ansprechpartner werden. Bereits jetzt werden wesentliche Teile der Einnahmen der Gemeinden von Transfers vom Land bestimmt. Der Anteil der Ausgaben für Umlagen an die Länder steigt ebenfalls kontinuierlich. Mit den neu hinzugekommenen Mitteln wird die Abhängigkeit von Landesregelungen weiter steigen.

Nun liegt es an den Ländern, auch die Gemeinden bei der Ausgestaltung der länderinternen Finanzausgleiche einzubeziehen und grundlegende Fragen zukunftsorientiert und gerecht zu beantworten.

Gastkommentar

Karoline Mitterer

ist Finanzwissenschafterin im KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung. Sie beschäftigt sich seit Jahren unter anderem mit öffentlichen Finanzen, Gemeindefinanzen und als Spezialthema dem Finanzausgleich.

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