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Weniger Geld aus Brüssel für Verkehrsprojekte

Von Veronika Gasser

Wirtschaft

Streichkonzert trifft Österreich hart. | Unfairer Wettbewerb zwischen Schiene und Straße. | Wien. Schon Anfang des Jahres sickerte durch, dass die EU die Finanzierung von strategisch wichtigen Straßen- und Bahnprojekten zurücknehmen wird. Am Donnerstag lag die schriftliche Bestätigung vor. Statt vorgesehener 20 Mrd. sollen nur mehr 6,7 Mrd. Euro zur Verfügung stehen.


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Dem Streichkonzert werden nun auch die heimischen Projekte zum Opfer fallen, erklärt der SPÖ-Europa-Abgeordnete Herbert Bösch. Neben dem Brennerbasistunnel stehen noch fünf andere vorrangige Bauvorhaben auf der Liste. Zuerst wird es wohl einen Kampf zwischen den Staaten geben.

Auslöser für die Kürzungen ist der reduzierte EU-Haushalt, der vom EU-Parlament immer abgelehnt, aber von vielen Mitgliedstaaten gefordert wurde. Lob kam lediglich vom Fraktionsvorsitzenden der Konservativen im EU-Parlament, Othmar Karas, der vom "richtigen Ansatz" und "Fortschritt für die Verhandlungen" sprach.

Scharfe Kritik an der europäischen Verkehrspolitik übt Johannes Ludewig, Vorsitzender der Europäischen Bahnen und ehemals Chef der Deutschen Bahn. Die Europäische Union hätte zwar den Wettbewerb zwischen den Bahnunternehmen gefordert, zugleich aber verabsäumt in den Ausbau neuer Schienennetze zu investieren. "Die Infrastruktur ist mangelhaft." Stattdessen wurde der Straßenbau forciert.

Während der Bahn die Bauvorhaben finanziell angelastet wurden, geschah dies beim Straßenverkehr nicht. Noch immer gebe es EU-Mitglieder, in denen keine Maut eingehoben wird.

Vom Scheitern der EU-Verkehrspolitik

Aufgrund dieser unfairen Wettbewerbsbedingungen verlor die Schiene zusehends Marktanteile an die Straße. Jetzt geht es laut Ludewig "darum diese wieder zurück zugewinnen", doch zuvor müsste für faire Spielregeln gesorgt werden. "Erst dann ist Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern möglich." Ludewig verlangt die rasche Einführung der Euro-Vignette - und nicht erst wie geplant in zwei Jahren. Er verweist auf die Schweiz als Vorbild. Dort gebe es kein Entkommen für dicke Brummer, da für das gesamte Straßennetz bezahlt werden muss.

Jean Arnold Vinois, Chef der EU-Bahnsektion, gibt die Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte zu. Für ihn liegt die Schuld jedoch nicht bei der Kommission, sondern bei den Mitgliedstaaten, die in allen Fragen das letzte Wort haben. "Außerdem ist die Frächterlobby überaus stark und verhindert sogar geringe Kostenbeiträge für die Straßenfinanzierung."

Auch Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka muss das große Ungleichgewicht zwischen Bahn und Lkw zugeben. Die Diagnose von Österreichs Eisenbahner-Gewerkschaftschef Wilhelm Haberzettl ist vernichtend: Europas Bahnen geht es schlecht, 15 Jahre Liberalisierungspolitik sind gescheitert. Es sei nicht gelungen die Zunahme beim Güterverkehr auf die Schiene zu bekommen. Denn die Politik habe tatenlos zugesehen, wie auch im Straßenverkehr ein ruinöser Preiskampf zu Lasten der Fahrer betrieben wurde. "Die Verletzung der Arbeitnehmerrechte sowie Betrug wurden jedoch nie geahndet" und hätten die Bahn weiter unter Druck gebracht.