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Eine Reformpartnerschaft für Verbesserungen der Schubhaft bietet "SOS-Menschenrechte" Innenminister Ernst Strasser (ÖVP) an. Der Geschäftsführer der Menschenrechts-Organisation, Günter Ecker, präsentierte gestern bei einer Pressekonferenz die Eckpfeiler dieser Partnerschaft.
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Das gestern vorgestellte Reformprogramm "Schubhaft 2000-2002" sieht vier wesentliche Zielsetzungen vor: weniger Menschen in Schubhaft, kürzere Haftdauer, verbesserte Haftbedingungen sowie bessere Betreuung von Schubhäftlingen. Für die Umsetzung des Reformprogramms wird die Einrichtung einer gemischten Expertenrunde vorgeschlagen, zusammengesetzt aus Fachleuten aus den Bereichen Fremdenpolizei, Polizeigefangenenhäuser und Schubhaftbetreuung.
Im Rahmen der Aktion "Minus 10 Prozent" soll die Anzahl der Schubhäftlinge deutlich verringert werden. Seit 1994 hat sich diese Zahl in Österreich bei rund 15.000 im Jahr eingependelt, im Jahr 1990 betrug sie nur 8.200. Den Anstieg in den 90er-Jahren führt SOS-Menschenrechte auf eine "falsche Weichenstellung" zurück.
"Österreich hat Anfang der 90-er Jahre in einem ängstlichen Reflex auf die einsetzende Ost-West-Migration und die Flüchtlingsströme vor allem aus dem zerbrechenden Jugoslawien den inhumanen Weg forciert", heißt es in dem Programmpapier. Zwar habe es in den folgenden Jahren Sanierungsmaßnahmen gegeben - wie seit 1997 das "Gelindere Mittel" -, doch auch Fehlentwicklungen. Als Beispiel wird die Schaffung zusätzlicher Schubhaftkapazitäten genannt.
Bis 2002 soll die Zahl der Schubhäftinge auf 13.500 Menschen reduziert werden, fordert SOS-Menschenrechte. Erreichbar wäre dies beispielsweise durch ein Verbot der Verhängung der Schubhaft über Minderjährige, kranke Menschen oder schwangere Frauen sowie durch den Ausbau von Alternativen zur Schubhaft.
Eine gesetzliche Verkürzung der Haftdauer brächte auch eine Effizienzsteigerung mit sich, ist die Menschenrechts-Organisation überzeugt und stützt sich auf Evaluierungszahlen. Diese bestätigen: Je länger die Schubhaft, um so aussichtsloser die Versuche der Fremdenpolizei, die betroffene Person außer Landes zu bringen. Können im ersten Monat der Schubhaft noch rund 70 Prozent der Schubhäftlinge ab- oder zurückgeschoben werden, so fällt die Abschiebequote auf 9 Prozent im sechsten Monat. In Zusammenhang damit schlägt SOS-Menschenrechte eine obligatorische Haftprüfung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat vor.
Die Forderung nach deutlich verbesserten Haftbedingungen beinhaltet eine Neufassung der Anhalteordnung sowie eine Verbesserung der medizinischen Versorgung. Außerdem, weist SOS-Menschenrechte hin, sollten die Haftstandards dem Haftzweck angemessen sein. Dieser sei "die körperliche Anwesenheit für die Durchführung des fremdenrechtlichen Verfahrens zu sichern." Was darüber hinausgeht, ist eine Strafverschärfung, lautet die Argumentation von SOS-Menschenrechte: "Weitergehende Beschränkungen, wie etwa die ganztägige Versperrung in Zellen, beschränkter Zugang zu Dusche oder Telefon, Entziehung der persönlichen Utensilien (...) verschärfen die de-jure-Sicherungshaft zur de-facto-Strafhaft." Eng damit verknüpft ist auch die Forderung nach verbesserter Betreuung der Schubhäftlinge.
Aus dem Innenministerium war vorerst keine Stellungnahme zu den Forderungen zu erhalten. "Der Kontakt mit den NGOs (Nichtstaatlichen Organisationen) ist uns sehr wichtig", erklärte Pressesprecher Gerhard Karner auf Anfrage der "Wiener Zeitung". "Wir sind für jede Anregung dankbar", fügte er hinzu. Die Vorschläge, die von Organisationen wie der Caritas unterbreitet werden, fänden daher auch Berücksichtigung. Der Informations- und Meinungsaustausch habe große Bedeutung, betonte Karner und verwies auf die teilweise Umsetzung von Forderungen der Caritas.