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Oberösterreich steuert nun mit einem Maßnahmenpaket dagegen, Wien spürt den Trend nicht.
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Linz/Wien. Die Pflegekraft in dem Heim einige Kilometer von Linz entfernt stöhnt, weil derzeit wegen Personalmangels einige Betten im Haus gar nicht belegt werden könne. Dabei gäbe es genug Anmeldungen für einen Heimplatz. Die Frau mittleren Alters möchte nicht namentlich genannt werden. Ihr Beruf macht ihr Freude, aber die Auswirkungen des Personalmangels bereiten ihr Kopfzerbrechen.
Leerstehende Betten in Alters- und Pflegeheimen sind in Oberösterreich kein Einzelfall. Ein Teil davon ergibt sich, wie es zur "Wiener Zeitung" aus dem Büro von Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ) heißt, durch die Fluktuation. Freiwerdende Plätze und Betten können nach dem Tod der betroffenen Person nicht sofort wieder belegt werden. Aber auch wegen fehlender Betreuungskräfte stehen Heimbetten leer. Jährlich werden in Oberösterreich bis zu 280 Altenbetreuer in den kommenden Jahren zusätzlich benötigt. Insgesamt werden bis 2025 an die 1600 Pflegekräfte gebraucht.
Dabei zeigen jüngste Entwicklungen ein sich verschärfendes Problem. Das Interesse an Ausbildungslehrgängen für Pflege ist gesunken, so das Sozialressort. Der Grund? In Linz wird hingewiesen, dass Frauen - die den Großteil des Pflegepersonals stellen - beim Wiedereinstieg nach der Babykarenz doch lieber einen anderen Berufsweg einschlagen. Häufig seien diese Frauen zwischen 30 und 40 Jahre alt. Junge Mütter mit Kindern fänden jedoch während der zwei Jahre bei der Ausbildung zur Sozialbetreuerin oft finanziell kaum das Auslangen. "Das ist ein zentrales Problem." Deswegen fordert Gerstorfer die Wiedereinführung eines Fachkräftestipendiums, das es 2014/15 schon gegeben hat. Aus dem Sozialministerium mit Ressortchefin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) war vorerst auf Anfrage weder dazu noch zur Behebung des Engpasses beim Pflegepersonal eine Auskunft zu erhalten.
Neues Pilotprojekt ab Herbst
Ein zweiter Umstand macht die Suche nach Nachwuchs im Pflegesektor ebenfalls zu seinem Sonderfall. Bisher war der Einstieg in Altenbetreuungsberufe erst ab dem 17. Lebensjahr möglich. Gerstorfer und Oberösterreich steuern daher mit einer besonderen Maßnahme dagegen. Mit dem Herbst-Winter-Semester wird der Pilotlehrgang "Junge Pflege" gestartet. Damit wird Schulabgängern nach dem 15. Lebensjahr eine drei- oder vierjährige Fachausbildung zur Sozialbetreuung geboten. Seit 1. September können sich Interessierte für den Pilotlehrgang bei der Direktorin der Altenbetreuungsschule, Wilhelmine Steinbach, melden.
Zweiter Schwerpunkt zur Entlastung der Alten- und Pflegeheime ist in Oberösterreich, dass bei der Unterbringung pflegebedürftiger Menschen stärker differenziert wird. Menschen, die Pflegegeld in den Stufen eins bis drei beziehen und daher weniger Bedarf an Pflege haben, sollen als Alternative vermehrt in speziellen Wohneinheiten untergebracht werden. Zwar sollen wegen der demografischen Entwicklung zu den derzeit rund 12.500 Pflegebetten bis 2025 noch rund 500 zusätzlich geschaffen werden. Gleichzeitig werden aber die alternativen Wohneinheiten für Hilfsbedürftige ausgebaut, man rechnet mit einem Potenzial von vorerst rund 1300 Plätzen.
Im Gegensatz zu Oberösterreich spürt man in Wien laut dem Büro von Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) noch kein sinkendes Interesse an der Pflegeausbildung. Vorsichtige Begründung: Bei sinkender Arbeitslosigkeit und mehr Jobangeboten sei die Lage in einem Industrieland wie in Oberösterreich anders als in der Bundeshauptstadt, die traditionell mehr Bedarf an Arbeitnehmern im Dienstleistungssektor habe. So gebe es an der Campus-Fachhochschule für den Pflegesektor mehr als doppelte so viele Anmeldungen wie Studienplätze. Ähnlich sei die Situation an den drei Ausbildungsstandorten des Wiener Krankenanstaltenverbundes.