Der Entwurf zur Novelle des Datenschutzgesetzes 2012 stößt auf Kritik.
Wien. Gerade mal zwei Jahre ist es her, dass das Datenschutzgesetz (DSG) einer umfassenden Reform unterzogen wurde, und schon steht die nächste Novelle an. Im August präsentierte das Bundeskanzleramt seinen Entwurf zur DSG-Novelle 2012. Erklärtes Ziel der Novelle ist es, sowohl die Datenschutzkommission (DSK) als auch heimische Unternehmen zu entlasten. Nun fürchten Datenschützer und Juristen, dass wichtige Aspekte des Datenschutzes dabei auf der Strecke bleiben. "Die prekäre Personal- und Budgetsituation der DSK ist schon seit vielen Jahren bekannt", stellen die Anwälte Rainer Knyrim und Günter Leissler für die Österreichische Rechtsanwaltskammertag klar. "Diesem Umstand sollte man aber mit strukturellen Maßnahmen begegnen und nicht durch legistischen Eingriffe, die zu Lasten der Rechtsposition der Betroffenen gehen."
Weniger Kontrolle
Für Ärger sorgt vor allem der geplante Wegfall der sogenannten "vorbeugenden DSK-Kontrolle" ("Vorabkontrolle") etwa bei Videoüberwachung, Gesundheits- oder Bonitätsdaten. Bisher wurden kritische Datenverarbeitungen vor Inbetriebnahme durch die Datenschutzkommission geprüft. Betroffene hatten so die Sicherheit, dass die tatsächliche Datenverarbeitung mit der Meldung übereinstimmte. Laut Novelle sollen künftig praktisch alle Datenverarbeitungen von der Vorabkontrolle ausgenommen werden. Ab 2013 soll es genügen, wenn diese gesetzlich angeordnet sind (im Behördenbereich) oder der Betroffene zugestimmt hat (bei Vereinen und Unternehmen).
"Eine höchst gefährliche Entwicklung, da der Einzelne keinerlei Prüfrechte gegenüber Datenverarbeitern hat", warnt die Arge Daten in ihrer Stellungnahme zum Entwurf. "Nachträgliche Beschwerden oder Überprüfungen haben sich schon in der Vergangenheit als praktisch unmöglich erwiesen." Zwar unterliegen künftig personenbezogene Videoüberwachungen mit Aufzeichnung generell der Meldepflicht - mit Ausnahme der Standard-Überwachungen bei Banken, Juwelieren, Tankstellen und Trafiken. Allerdings wird diese Meldung durch den Wegfall der Vorabkontrolle zum bloßen administrativen Ritual. "Das besondere Risiko bei der Videoüberwachung ist die Gefahr der permanenten Aufzeichnung unbescholtener Bürgerinnen und Bürger", meint Hans Zeger von der Arge Daten. "Bisher hatte die Prüfung der DSK zu einer gewissen Eindämmung ausufernder Videoüberwachungen geführt, diese Hemmung fällt jetzt weg."
Österreichs Rechtsanwälte sehen die geplante Änderung ebenfalls kritisch. "Der wahre Grund, wieso der Gesetzgeber die Eingriffsintensität der Videoüberwachung in nur zwei Jahren diametral beurteilt, dürfte wohl darin liegen, dass der Entfall der Vorabkontrolle als eine der wesentlichen Möglichkeiten zur Entlastung des Datenverarbeitungsregisters angeführt wird", meint die Anwaltkammer.
Die (freiwillige) Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten ist ein weiterer Teil des DSK-Entlastungspakets. Organisationen und Unternehmen mit einem Datenschutzbeauftragten werden von den bisherigen Meldepflichten befreit und übernehmen für ihren Betrieb die Informations-, Aufsichts-, und Kontrollfunktion der DSK.
Die Arge Daten beurteilt dieses Vorhaben grundsätzlich positiv: "Internationale Erfahrungen zeigen, dass Datenschutzbeauftragte nicht nur zum besseren Schutz der Betroffenen beitragen, sondern auch Auftraggebern und Kontrollstellen Gewinn bringen."
Kostenaufwand für Firmen
Skeptisch ist hingegen die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ): "Ein nationales Vorpreschen beim Datenschutzbeauftragten wird kritisch gesehen", merkt Markus Deutsch vom Fachverband Werbung und Marktkommunikation in seiner Stellungnahme an. "Es ist davon auszugehen, dass auch mit einer freiwilligen Einführung ein Kostenaufwand für die Mitgliedsunternehmen verbunden ist." Für gehörigen Ärger sorgt, dass die geplante Novelle die Zukunft der Datenschutzkommission im Dunkeln lässt.
Obwohl das EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen nicht ausreichender Unabhängigkeit der DSK kurz vor einer Entscheidung steht, wird die Chance, eine EU-konforme Kontrollstelle zu schaffen, vertan. "Feststeht, dass die geplanten Verwaltungsgerichte, die die Aufgaben der Datenschutzkommission zum Teil übernehmen sollen, nicht in der Lage sind, Aufsichts- und Kontrollfunktionen wahrzunehmen", beklagt die Arge Daten. "Österreich sollte daher endlich eine ausreichend ausgestattete Kontrollstelle schaffen, die ihre Aufgaben ordnungsgemäß bewältigen kann."