Zum Hauptinhalt springen

Weniger Staat?

Von Barbara Ottawa

Wirtschaft
Barbara Ottawa ist freie Journalistin und berichtet vorwiegend über Investitionen und Pensionskassen.

Die Bedrohung durch eine lange Depression dürfte abgewendet sein. Die Schulden bleiben aber an den Staaten hängen, was Anleger in Staatsanleihen wenig schätzen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Viele Investoren versuchen, aus den "sicheren" Staatsanleihen-Häfen, in die sie während des Höhepunktes der Finanzkrise im vergangenen Jahr gerudert waren, wieder herauszukommen. Jetzt sind es nämlich die Staaten selbst, deren Kreditwürdigkeit durch diverse Hilfspakete und die dazugehörige Steigerung der Defizite schlechter eingestuft wird.

Noch vor ein paar Monaten verzeichneten Unternehmensanleihen enorme Risikoaufschläge. Diese sind diese zwar unterdessen zurückgegangen, aber die zu erwarteten Renditen in dieser Anlageklasse sind weiter hoch und Investoren trauen der Wirtschaft eine Erholung zu.

Diese optimistische Stimmung ist nicht zuletzt auf die billionenschweren Finanzspritzen zurückzuführen, die weltweit in Form von Konjunkturpaketen in die Wirtschaft gepumpt wurden oder noch werden. Die Erste Bank schätzt die kollektive Summe, exklusive der 4,4 Billionen US-Dollar (3,1 Billionen Euro) an Liquiditätszufuhren durch die Notenbanken, auf 6,2 Billionen US-Dollar.

Das bedeutet, dass die Staaten ihre Schuldenlast deutlich erhöht haben und in den nächsten Jahren diese Defizite auch wieder abbauen müssen - worunter ihre Kreditqualität leidet. Je schlechter ein Emittent einer Anleihe bewertet wird, desto mehr Risikoaufschlag muss er für seine Anleihe zahlen und umso mehr Risiko erwarten die Anleger.

"Die derzeitigen Schuldenniveaus sind aber noch leicht verkraftbar", beruhigt Gerhard Winzer von der Erste Sparinvest. Deshalb sieht er auch kein Szenario einer Flucht aus Staatsanleihen. "Es wird sich nur die Attraktivität verschieben."

So werden zum Beispiel Anleihen aus Schwellenländern, die beinahe durchwegs weniger für die Rettung ihrer heimischen Wirtschaft aufwenden mussten, interessanter. "Eine Flucht aus Staatsanleihen würde nur dann eintreten, wenn sich die Weltwirtschaft unerwartet dramatisch nach unten entwickelt", erläutert der Experte. Selbst dann würden jedoch Notenbanken selbst die Staatsanleihen aufkaufen, ergänzt Winzer.

Für Anleger sind Staatsanleihen, die bekanntlich zum Zwecke der Mittelaufbringung ausgegeben werden, derzeit aus mehreren Gründen weniger interessant.

Zum einen erwartet kaum jemand weitere Zinssenkungen, die zu einem Preisanstieg bei Anleihen führen würden. Mit dem Marktzins fällt nämlich auch die Rendite, die eine Anleihe abwirft - aber der Preis bereits bestehender Anleihen steigt, weil diese einen fixen Zinssatz haben, der höher ist als jener der neu aufgelegten Anleihen.

Grundsätzlich gilt nämlich am Anleihenmarkt: Wenn der Preis fällt, steigen die Renditen, also das Verhältnis zwischen Kaufpreis und fixem Zinssatz, auch "Kupon" genannt, mit dem die Anleihe emittiert wurde - und umgekehrt.

Solche Entwicklungen sind für Anleger wichtig, die ihre Anleihe nicht bis zum Ende der Laufzeit halten. Zu diesem Zeitpunkt würde auf jeden Fall das eingezahlte Kapital ausbezahlt werden - allerdings nicht inflationsbereinigt.

Wenn während der Laufzeit ver- oder gekauft werden soll, was auf sogenannten Sekundärmärkten geschieht, muss der aktuelle Wert der Anleihe herangezogen werden

Staatsanleihen mit langer Laufzeit um die 10 Jahre werden derzeit von Notenbanken aufgekauft. Mit dieser sogenannten "quantitativen Lockerung" der Geldmenge (auf Englisch "quantitative easing") soll mehr Geld in die Wirtschaft fließen, ohne dass eine weitere Senkung des Leitzinses vorgenommen werden muss.

Außerdem wird durch den Ankauf die Rendite von solchen als "risikolos" angesehenen Staatsanleihen gesenkt, die für die Kreditzinsen ausschlaggebend ist.