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Christoph Badelt: Die Masse zahlt. | "Unis leben davon, dass Studenten wenig präsent sind." | Droht ein Zurückschrauben der Autonomie? | Wien. "Die Universitäten leben in den Massenfächern davon, dass die Mehrzahl der Studenten nur wenig präsent ist, aber Gebühren zahlt." Dieses Paradoxon geißelte Christoph Badelt, der Vorsitzende der Rektorenkonferenz, in einer Diskussion vor dem "Rotary Club Wien". So seien auch an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) nach drei Jahren mehr als die Hälfte der Studenten noch nicht über das erste Studienjahr hinausgekommen.
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"Österreich braucht zwar mehr Akademiker, aber es ist eine ganz andere Frage, ob jeder studieren kann, was er will." Das führe dazu, so Badelt, dass das Land international die schlechteste Relation zwischen Studenten- und Absolventenzahlen habe.
Besonders wirft er dem Gesetzgeber den Widerspruch vor, dass jetzt zwar in einigen Studienrichtungen Zugangsbeschränkungen erlaubt seien, dass aber die Studentenzahlen nicht sinken dürften. Badelt wagt sogar die Garantie: "Ich hätte an der WU mit einer wirklichen Beschränkung der Studentenzahlen am Ende mehr Absolventen."
"Trotz Einführung der Studiengebühren zahlt noch immer die breite Masse in Wahrheit das Studium der Akademikerkinder, weil es nur eine sehr geringe soziale Durchmischung gebe." In den USA würde hingegen ein höherer Prozentsatz von Unterschichtkindern studieren als in Österreich.
USA geben deutlich mehr aus als Österreich
Auch sonst fällt Badelts Vergleich mit der oft kritisierten Großmacht schlecht für Österreich aus: "Die USA geben - bezogen auf ihre Größe - doppelt so viel für die Unis aus wie Österreich, wo nur 1,1 Prozent des BIP den Unis zugute kommen." Und selbst wenn man nur die staatlichen Ausgaben vergleiche, also die hohen Studiengebühren und privaten Spenden außer acht lässt, gebe die US-Regierung im Verhältnis mehr für die Hochschulen aus als Österreich.
Badelts Bilanz: "Das Universitätssystem in Österreich ist viel zu wenig differenziert und bunt." In Österreich studiere nur ein Zehntel der Studenten an Fachhochschulen, in anderen Ländern seien das oft mehr als an den normalen Universitäten. Ein Grund: Die Fachhochschulen bekämen pro Student viel mehr Geld: "Die WU müsste ein dreieinhalb mal so großes Budget bekommen, wenn sie die gleiche Finanzierung wie die Fachhochschulen hätte."
Der Rektorenchef bekannte sich ausdrücklich zur neuen Universitätsautonomie. "Ich bin aber heute besorgt, dass die Reform 2002 wieder ein Stück zurückgeschraubt wird, etwa durch eine Reduktion der Entscheidungsmöglichkeiten des Rektorats, z.B. bei den Entwicklungsplänen. Aber Autonomie kann auch nicht heißen, dass jeder macht, was er will. Wir brauchen eine kohärente Planung für den ganzen tertiären Raum."
Die Universitäten, so Badelt weiter, leiden auch noch immer unter den vielen Pragmatisierungen, die vor 2002 vorgenommen worden seien und die nun die Institute blockieren. "In manchen Fächern haben deshalb ganze Generationen junger Forscher keine Chancen." Es sei auch sehr schwierig geworden, deutsche Professoren nach Österreich zu holen. Denn dort seien sie Beamte, hier bekämen sie hingegen nur eine ASVG-Pension. Daher wäre die Möglichkeit einer Pensionsvorsorge durch die Unis nötig.
"Exzellenz lässt sich nicht dekretieren"
Während er die schwarz-blaue Universitätsreform für richtig hält, geht Badelt auf deutliche Distanz zum Kurs der früheren Regierung in Sachen Exzellenzförderung. "Exzellenz lässt sich nicht per Bundesgesetz etablieren - auch wenn ich es gut finde, dass man heute wieder über Exzellenz reden darf." Der WU-Rektor sieht die im Aufbau befindliche Elite-Forschungsanstalt Gugging aber inzwischen pragmatisch: "Wenn man es schon beschlossen hat, soll man jetzt alle Anstrengungen setzen, dass was Gutes herauskommt." Gleichzeitig brauche es aber auch ein Exzellenz-Programm für die öffentlichen Universitäten.