Ein Umsatzrückgang durch die Covid-19-Pandemie bedeutet nicht automatisch einen Mietzinsminderungsanspruch.
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In den vergangenen Wochen wurden in der "Wiener Zeitung" mehrere Beiträge veröffentlicht, in denen das derzeit umstrittene Thema der Mietzinsminderung in der Covid-19-Pandemie diskutiert wurde (u. a. am 8. April und am 25. März). Die Standpunkte gehen weit auseinander. Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) liegt nicht vor, es herrscht Rechtsunsicherheit. Dieser Beitrag beleuchtet einige Fragen des Themenkomplexes.
Die Kernfrage der Diskussion dreht sich um die Grundsatzfrage, ob dem Mieter für den Zeitraum verordneter Beschränkungen ein Mietzinsminderungsrecht zukommt (für Pachtverhältnisse gelten andere Bestimmungen). Vom Vertragszweck ausgehend ist dabei darauf abzustellen, inwieweit die Beschränkungen den Mietgegenstand unbrauchbar machten. Dabei ist zwischen dem harten Lockdown und der Zeit zwischen den Lockdowns zu unterscheiden.
Im Zeitraum eines harten Lockdowns kann bestenfalls eine teilweise Unbrauchbarkeit eines Mietobjektes und damit nur ein Anspruch auf teilweise Zinsminderung gegeben sein. So konnte etwa ein Buchhändler einen Teil seines Mietobjektes, nämlich seinen Kundenbereich, zwar nicht mehr verwenden, den verbleibenden Büroteil allerdings schon.
Online-Verkauf bleibt möglich
Auch ein Online-Verkauf blieb weiter möglich - die Betriebseinrichtungen dafür befinden sich im Mietobjekt. Der Mietgegenstand wird auch weiter für die Lagerung und Darbietung der Ware etwa im Schaufenster weiter verwendet.
Ein Restaurantbetreiber erspart sich die kostenpflichtige Lagerung seiner Betriebsausstattung an anderem Ort. Dieser konnte zwar seine Gäste nicht mehr im Mietobjekt bewirten - er blieb jedoch weiterhin berechtigt, etwa einen Lieferservice zu betreiben oder ein Take-away anzubieten. Einen Büromieter trafen keine Beschränkungen.
Mieter wäre sonst bereichert
All diese Nutzungsmöglichkeiten des Mietobjektes hat der Mieter daher dem Vermieter weiter zu zahlen, sonst wäre er ja bereichert. Im Unterschied zu einer Entscheidung des OGH, die auf die Zeit des Ersten Weltkriegs Bezug nahm, liegt gegenständlich eben nicht der Fall vor, dass der Mieter selbst das Objekt gar nicht nutzen kann, sondern, dass im harten Lockdown lediglich für gewisse Zeiten das Betreten durch Kunden eingeschränkt beziehungsweise untersagt wurde. Diese Nutzung des Mietobjektes hat bei einem Zinsminderungsanspruch berücksichtigt zu werden.
In den Zeiten zwischen den Lockdowns, in denen allenfalls Abstandsregelungen galten und ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen war, scheint eine auch nur teilweise Unbrauchbarkeit und damit ein Anspruch auf Zinsminderung nicht begründbar. Macht die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes etwa den als Buchgeschäft genutzten Mietgegenstand unbrauchbar?
Weiters waren etwa im Sommer 2020 die Umsatzzahlen mancher Restaurants oder Hotels unverändert, während andere erhebliche Rückgänge verzeichneten. Wieder andere, wie an Kärntner Seen, machten den Umsatz ihres Lebens. Diese unterschiedlichen Auswirkungen lassen sich in diversen Branchen ausmachen. Das ist das, was man als wirtschaftliches Risiko bezeichnet - das nach ständiger Rechtsprechung den Mieter trifft.
Wäre es anders, so hätte ein Mieter allein schon aufgrund eines Umsatzrückgangs einen Mietzinsminderungsanspruch, der andere Mieter, der unverändert Geschäft gemacht hat, nicht. Das unbefriedigende Ergebnis wäre, dass der Vermieter im Fall des Mieters mit Umsatzrückgang zumindest teilweise das wirtschaftliche Risiko des Mieters trägt, obwohl sich der Vermieter darauf typischerweise gerade nicht eingelassen hat. Ein Umsatzrückgang bedeutet daher nicht schon automatisch einen Mietzinsminderungsanspruch.
Dieses Thema, ob eine Mietzinsreduktion in der Covid-19-Pandemie gerechtfertigt ist oder nicht, wurde bereits in mehreren Gastkommentaren der vergangenen Wochen im Recht-Channel der "Wiener Zeitung" unterschiedlich diskutiert. Unter anderem am 8. April 2021: "Mieter hat Anspruch auf Mietzinsentfall", und am 25. März: "Wen die Pandemie bei Firmenmieten trifft".