)
Als "schönste Dauerklage" bezeichnete Wirtschaftsminister Hannes Farnleitner gestern zum Abschluss des Jahreskongresses der Österreichischen Hoteliervereinigung die Kritik der Tourismusbranche, | dass das Fehlen eines eigenen Tourismusministers oder -staatssekretärs allein schon darauf hinweise, dass niemand in Österreich diesen für die Leistungsbilanz wesentlichen Wirtschaftszweig ernst | nehme. Stimmt nicht, so Farnleitner, im Gegenteil: Gerade die vielfältigen Kompetenzen in seinem Großressort ermöglichten infrastrukturelle Entscheidungen auch zugunsten des Fremdenverkehrs.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 25 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Auch die Kritik, dass Tourismus nicht zu einem zentralen EU-Thema gemacht worden sei, wischt Farnleitner vom Tisch: "Was hätten wir denn von einem EU-Tourismusprogramm? Als Nettozahler müssten wir
für Förderungen in den ärmeren Ländern dazuzahlen und hätten selbst nichts davon".
Die heimische Tourismuswirtschaft sei damals von den Beitrittsbemühungen Österreichs gar nicht begeistert gewesen, erinnert sich Farnleitner. Gerade der Beitritt habe aber "entscheidende Prämissen
für den Fremdenverkehr geschaffen". Dazu zählen für den Wirtschaftsminister vor allem positive Kostenentwicklungen wie eine Senkung der Einstandspreise für Lebensmittel, die erfolgte Senkung von
Telekommunikationskosten und die Senkung von Energiekosten via Strommarktliberalisierung.
Diese allerdings geht der ÖHV zu langsam: Erst ab 2002 werden Betriebe mit einem Jahresstromverbrauch von mindestens sechs Gigawattstunden ihren Stromlieferanten frei wählen können. "Zu spät, zu
hoher Grenzwert", kritisiert ÖHV-Präsident Helmut Peter. In seinem "Weißen Rössl" verbrauche er 1,7 Gigawattstunden · und: "Stünde mein Hotel in Bayern, würde ich mir jährlich eine halbe Million
Schilling ersparen". Für den Energiesektor fordert Peter folglich eine Aufsichtsbehörde, die den Liberalisierungsfortgang überwachen solle. Naturgemäß verteidigt Farnleitner dagegen sein
Elektrizitätswirtschaftsorganisationsgesetz (Elwog) und verweist auf eine Tarifverordnung, die er noch vor Weihnachten unterschrieben hätte: "Das heisst für den Verbund runter um Milliarden".
Auch die Entscheidung zur Budgetdiziplin, um an der gemeinsamen europäischen Währung teilnehmen zu können, verteidigt der Wirtschaftsminister. Einerseits habe dies zu gravierenden Zinssenkungen und
damit zu besseren Bedingungen für Fremdfinanzierungen geführt, anderseits wären die Zeiten von kompetitiven Währungsabwertungen in den elf Euroländern "ein für allemal vorbei". Insgesamt müsse der
Tourismus künftig stärker unternehmensbezogen gesehen werden. Dazu gehörten auch EU-weit "vernünftige Regelungen für Urlaubsbeginn- und Reisestartzeiten".
Für die Unternehmer sei schon einiges geschehen: Die "Entsteuerung der Erbschaft" erleichtere wie auch weitere Maßnahmen per Steuerreform 2000 Betriebsübergaben, auch die Pauschalierung für
Kleinstbetriebe stelle eine "gewaltige Erleichterung" dar.
Kritisiert sei er, Farnleitner, auch bei der Einführung der Autobahnvignette geworden, aber: "Diese Gelder haben geholfen, Straßenlücken zu schließen" und der Tourismus sei nun einmal auch von einer
funktionierenden Straßeninfrastruktur abhängig. Aufholbedarf ortet der Wirtschaftsminister dabei noch an den Grenzen zu den Osteuropäischen Nachbarländern: "Von dort kommt ein zahlungskräftiger
Gästestrom, den wir nicht stundenlang an den Grenzen warten lassen können". Applaus erntet Farnleitner bei seiner Forderung nach Bürokratieabbau und Statistikentlastung: "Die historische Nachlese ist
sinnlos". Weniger aber dafür via Vernetzung aktuellere Daten würden Zukunftsprognosen und schnelleres reagieren ermöglichen, mehr Studien neue Marktchancen eröffnen. Ein Feldversuch am Arlberg habe
ergeben, dass zwei bis drei Wochen Urlaub über 2.000 m Höhe nachweislich positive Gesundheitliche Auswirkungen hätten. Eine Studie soll diese Ergebnisse absichern, denn: "Wenn das passt, dann haben
wir für all die zu dicken und ungesund Lebenden ein Mega-Argument".
Nicht zuletzt soll es aber auch den Hoteliers und Gastronomen gut dabei gehen: "Der Unternehmer muss Spaß an seiner Arbeit haben können · und endlich auch ins Verdienen kommen". Denn ein wesentlicher
Nachteil im österreichischen Fremdenverkehr liege in den geringen Betriebsgrößen, wie Franz Hartl von der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) erklärte. Und gerade die kleineren Betriebe
hätten die größten Probleme mit dem Eigenkapitalaufbau. Nur etwa 5% der kleinen Vier- bis Fünf-Stern-Hotels hätten gute Erträge, vom Rest schaffen knapp zwei Drittel gerade noch die Finanzierung der
Kreditzinsen.
An Kreativität und Flexibilität mangle es den heimischen Hoteliers jedenfalls nicht, streut Farnleitner Rosen · und erzählt eine seiner "Lieblingsanekdoten": "Da kenne ich einen Hotelier, der nicht
über das Wetter jammert, sondern in seiner Werbung schreibt: ,Kommen Sie zu uns, und Sie können sicher sein, dass es jeden zweiten Tag regnet`." Was nur zu verstehen sei, wenn man an jene Gäste
denkt, die sich über Schlechtwetter freuen. "Sie werden's nicht glauben", erzählt Farnleitner, "aber ich bin dort hingefahren, und da sind 20 Kuweitis vor dem Hotel im strömenden Regen gestanden und
haben Allah gepriesen".