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Das außer-universitäre Freizeitangebot der Universität Wien zielt in erster Linie auf sportliche Studenten ab. Der Chor der Universität Wien hingegen geht in eine ganz andere Richtung. Obwohl zum Singen auch Muskeln notwendig sind, kann man doch nicht von einer sportlichen Betätigung im eigentlichen Sinn sprechen. Das Repertoire reicht von Saint-Saens Ave Verum bis Zulu Mama, einem südafrikanischen Volkslied. Den Mitwirkenden macht es Spaß, obwohl es nicht so amateurhaft zugeht, wie es den Anschein hat - ein Insider-Bericht.
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"Kommt's Kinder, fang' ma an", eröffnet der Chorleiter, Vijay Upadhyaya, die Proben des Studentenchores, eines Teils des Universitätschores Wien. Dann beginnen die Aufwärmübungen: rea-rea-rea-rea-re absteigend, die Tonleiter auf mo-mo-mo, Entspannungsübungen und dann geht's los.
Die etwas über 100 Sänger und Sängerinnen des Studentenchores, die jeden Mittwoch Abend in einem alten Festsaal am Universitätscampus Altes AKH zusammen kommen, sind nur ein Teil der gesamten "Singmann/frauschaft" des Universitätschores.
Die insgesamt etwa 350 singfreudigen Studenten und Studentinnen sind in sechs Chöre unterteilt, weil es sich mit kleinen Gruppen leichter und effizienter arbeiten lässt: Ein Seniorinnenchor - die wenigen interessierten "älteren Herren" singen bei den Studenten mit, ein Konzertchor mit kleinerer Besetzung, ein Solistenensemble, für das vorgesungen werden muss, ein Frauenchor - chronischer Männermangel ist in der österreichischen Chorszene weit verbreitet, und der größte Chor: der Studenten- und Akademikerchor.
Derzeit werden die Stücke für die kommenden Konzerte Ende Juni geprobt. Auf dem Programm stehen unter anderem Stücke aus der französischen und der englischen Rennaisance sowie geistliche Motetten. Die Singenden sind Studenten der verschiedensten Fakultäten, Akademiker, mitgebrachte Freunde und Studenten aus anderen Ländern.
Auch der Hintergrund des Chorleiters selbst ist sehr vielfältig: Geboren 1966 in Indien, kam er 1987 zum Gesangsstudium nach Graz. Er könnte also als Indo-Steirer, der in Wien lebt, bezeichnet werden. Wobei er aber bis vor kurzem auch noch einen Chor in Rom geführt hat. 1994 wurde der Universitätschor Wien gegründet. "Ich wurde von der ÖH aus Graz geholt", erzählt Vijay der "Wiener Zeitung". Seitdem ist er Leiter des Chores, der mittlerweile von einem kleinen Studentenchor zu einer Institution gewachsen ist - nicht nur wegen des größeren Andrangs. "Es ist wie eine Wildnis, die gerichtet werden muss; die in einen Garten verwandelt werden muss. Ich bin der Gärtner", beschreibt er seine Tätigkeit. Immer wieder neue Leute unterrichten, sie zu einem Chor zu vereinen, ist interessant, so Vijay, wenn auch viel Arbeit, sowohl für ihn, als auch für die singenden Studenten: Einige sind geübtere Sänger und Sängerinnen als andere; einige können besser Noten lesen als andere. Vor allem gute Tenöre sind immer Mangelware.
Das Repertoire ist sehr vielseitig: Geistliche Stücke, Volkslieder - aus verschiedenen Ländern, Rennaisance, Moderne, Pop, Gospel etc. Gesungen wird auf deutsch, französisch, russisch, finnisch, norwegisch, Zulu oder Xhosa.
Die ausländischen Volkslieder bringen meist die Studenten mit, die eine Chorreise mitgemacht haben. "Bei den Reisen haben junge Leute die Möglichkeit ihr Weltbild zu schärfen. Viel wichtiger ist aber der Effekt, den solche Reisen auf die Chorgemeinschaft haben", erläutert Vijay. So kamen Teile des Chores bereits nach Argentinien, Südafrika, London oder Prag. Der nächste geplante Trip ist eine Amerikareise.
Geführt wird der Chor vom Club der Universität Wien. Er finanziert sich aus den Mitgliedsbeiträgen, den Konzerteinnahmen und den Verkäufen von selbst aufgenommenen CDs. "Es ist immer sehr knapp, aber es geht sich meistens aus mit dem Geld", so Ilona Renz, der "gute Geist" der Chorverwaltung.
Die Konzerte, sowohl zu Hause, als auch auf Reisen kommen zumeist gut an. Vor allem der geballte Auftritt von etwa 100 Sangesfreudigen in vorwiegend schwarzer Kleidung - mit rotem Chorschal bzw. roter Chorkrawatte - ist imposant.